Artikel verfasst von Frank Joung

Dilara Ülker ist Deutsche mit türkischen Eltern. Die Berlinerin spricht über ihren großen Traum, Astronautin zu werden. Warum ihr Kopftuch kein Hindernis ist, wieso sie Tauchen lernt und was sie sinnlose Schul-Mutproben gelehrt haben, erzählt die 26-Jährige bei Halbe Katoffl.

Wenn Dilara von ihrer ersten Schulzeit spricht, hat sie nicht viel Gutes zu berichten. Obwohl ihr Vater bereits im Kindesalter nach Deutschland gekommen war und sie in Berlin geboren ist, war ihr Deutsch anscheinend sehr schlecht. „Ich konnte mich kaum auf Deutsch ausdrücken“, sagt Dilara.

„Warum guckst du ständig in den Himmel?“

Das habe zu Ausgrenzung sowohl von Lehrer:innen- als auch Schüler:innenseite geführt. Dilara bezeichnet sich heute als Mobbingopfer. In der siebten Klasse wurde es sogar körperlich: „Andere haben an meinem Kopftuch gezogen, mich mit Eiern und Tomaten beschmissen.“ Ihren Eltern erzählt sie all davon nichts.

„Bei all den Problemen, die ich hatte, ich habe nie darüber gesprochen. Ich habe nie gesagt: ‚Papa, Mama – es geht mir nicht gut.“

Dilara bekommt früh gespiegelt, dass sie anders sei. Ihre Verwandten finden sie sonderbar, ihre Klassenkameraden geben ihr zwar Mutproben zum Lösen, nehmen sie aber nicht in ihre Cliquen auf. Und alle fragten sie: „Warum guckst du ständig in den Himmel?“

„Ihr bin nun mal ein Nerd“

Dilaras Vater hatte den Traum, Astronaut zu werden. Als es nicht dazu kam, habe er sich gesagt: Mein erstes Kind soll Astronaut:in werden. Er ist es, der Dilara das Weltall näherbringt. Zusammen schauen sie in den Nachthimmel. Er zeigt ihr die Sterne und die Planeten.

„Mein Vater war mein einziger Mentor. Außer ihm haben mir die Bezugspersonen gefehlt.“

Dilara findet sich nach und nach damit ab, dass sie ein „Vollzeit-Nerd“ ist. Sie verkriecht sich lieber in ihrer Zimmerecke mit einem Buch als, dass sie Feiern geht. „Ich lese gern und bin wissensdurstig. Partys sind für mich Zeitverschwendung“, sagt sie lachend. Andere haben mehr ein Problem mit ihrem ungewöhnlichen Berufswunsch.

„Meine Verwandten haben immer gesagt: ‚Warum bist du so anders? Warum willst du Astronautin werden? Sei doch ein normales Mädchen!“

Doch Dilara zieht es durch. Sie spürt, dass andere ihren Traum nicht ernst nehmen, vielleicht sogar lächerlich finden. Astronautin – und das mit Hijab, mit Kopftuch!

„Ich will das Unmögliche schaffen“

Dilara dagegen ist wild entschlossen, es zumindest zu probieren. Die Chancen stehen schlecht. Nur alle paar Jahre sucht die Europäischen Wetraumorganisation ESA Nachwuchs. Bei rund 10.000 Bewerbungen bleiben am Ende nur wenige übrig.

Doch dieses Jahr ist es wieder soweit. Dilara hat sich beworben. Hat Tauchunterricht genommen, um der potenziellen Schwerelosigkeit zu trotzen, hält sich fit, um nicht schlapp zu machen beim Astronaut:innen-Training und hält ihren Wissensstand auf dem Laufenden. Ihr Studium in Astrophysik hat sie bereits beendet, ihr Mathestudium will sie noch abschließen. Derzeit arbeitet sie als Softwareentwicklerin in einem Gasunternehmen.

Seit sie ihren Traum und Weg dahin auch auf Social Media öffentlich gemacht hat, nehmen sie mehr Leute wahr und ernst. Für viele ist sie eine Inspiration, weil sie etwas wagt, was sehr weit weg erscheint.

Dilara weiß, dass sie scheitern kann, das ist okay für sie. „Es ist langer Weg, aber ich will das Unmögliche schaffen.“

Dilara auf Instagram: @a_scientist_diary

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