Artikel verfasst von Frank Joung
Diese Episode ist Teil der Serie „Work-Edition“

Yousef Hammoudah ist in Saudi Arabien geboren, hat palästinensische Wurzeln und ist in Wuppertal aufgewachsen. Der 47-Jährige war schon Fernsehmoderator, Start-Up-Gründer und Digital-Marketingexperte und leitet heute das Fotografiska-Museum in Berlin. Yousef spricht im Podcast daüber, wie Wut, innere Düsternis und Suchttendenzen seine Karriere beeinflusst haben. Wie er Räume für Zugehörigkeit schafft, ob er sich mittlerweile angekommen fühlt – und warum er eine ambivalente Beziehung zu Wohnwagen hat.

„Ich hatte ein schweres Herz“

Yousef wird im August 1976 in Dschidda, Saudi Arabien, geboren. Seine Eltern kommen aus Palästina, sie trennen sich aber früh. MIt ungefähr drei Jahren zieht Yousef nach Deutschland, er wächst in Wuppertal auf – mit seinem Vater und seiner deutschen Stiefmutter.

Seine Eltern haben ein Wohnwagen-Geschäft – Yousef wächst nach eigener Aussage relativ behütet auf. „Auch wenn ich gemerkt habe, dass ich der einzige bin, der so ein bisschen dunkler ist.“ Je älter er wird, desto größer ist das Gefühl, nicht so ganz dazuzugehören. Wuppertal gilt als rechte Hochburg, Yousef entwickelt früh das Gefühl, wegzuwollen.

„Meine Jugend war geprägt von Depressionen. Einsamkeit war mein zentrales Gefühl. Ich hatte ein schweres Herz.“

Yousef will raus. Musik gibt ihm Geborgenheit. Grunge der 90er-Jahre bildet sein Gefühl perfekt ab. Nach dem Abi bewirbt er sich in der Musikbranche, er schreibt hundert Bewerbungen, aber nur ein kleines Jazz-Plattenlabel in Köln gibt ihm ein Praktikum. Es ist der Start einer abwechslungsreichen Berufskarriere – und der Start in „ein neues Leben“.

Große Visionen und wilde Jahre

Eigentlich will Yousef Künstler sein und werden. Doch die Kunstschulen sagen ihm ab, und sein Vater erwartet von ihm, dass er das Wohnwagenbusiness übernimmt oder zumindest einen wirtschaftlich ertragreichen Beruf ergreift.

Mit nur 23 Jahren bekommt er eine Managerstelle bei der EMI. Die Musikbranche ist durch die Digitalisierung und das Internet in Aufruhr und in freiem Fall. Yousef kennt sich im Digitalen aus und arbeitet sehr hart. Wilde Jahre folgen. Er wird Viva-Plus-Moderator, gründet eine eigene Marketingagentur und ist das, was man einen „Workoholic“ nennt. „Ich war ein getriebener Mensch und habe hardcore gearbeitet.“ Yousef hat Visionen. „Ich mag es, große Bilder zu malen“, sagt er. Gleichzeitig ist er immer auf der Suche, versucht, „seine innere Düsternis“ mit Drogen oder Partys zu betäuben.

Räume für Zugehörigkeit

Sport hilft ihm, diese Suchttendenzen in eine gesundere Form zu lenken. Er macht Therapie, interessiert sich für fernöstliche Philosophie und arbeitet auch da wieder hart – an sich. Bei adidas kann er viele seiner Erfahrungen zusammenbringen. Er baut die „adidas Runners“ auf, deren Idee an einen Community-Gedanken andockt: Menschen wollen nicht nur joggen gehen, sondern auch im Sport, durchs Laufen vernetzen sein und sich weiterentwickeln. Yousef operiert weltweit und hilft, lokale Laufcrews zu gründen, „Run Bases“ zu kreieren, wo man sich im urbanen Raum treffen kann, zusammen Sport macht, isst und sich austauscht.

„Bei mir hat das Gefühl von Einsamkeit und das Nicht-dazu-gehören eine immense Motivation im Beruflichen generiert, Räume zu schaffen, wo es Zugehörigkeit gibt.“

Keine Angst vorm Scheitern

In seiner heutigen Tätigkeit als Museumsleiter von Fotografiska Berlin, einem zeitgenössischem Fotomuseum, hat er ähnliche Ideen. Das Museum soll nicht nur Bilder zeigen, sondern Raum geben für Kunst und Kultur. „Das Zusammenbringen von Menschen liegt mir. Ich lade gerne Menschen ein, etwas mitzugestalten.“ Yousef mag gerne große Bilder, an dem alle ihren Input geben. Angst vorm Scheitern hat er schon lange nicht mehr.

„Ich habe keine Angst vorm Versagen, weil ich es schon oft gemacht habe. Meine Karriere sieht aus wie eine Pizza Vegetaria. Ich habe so viel erlebt. Wenn morgen alles vorbei ist, kann ich sagen: Ich habe nix verpasst.“

Diese Folge ist Teil der „Work-Edition“ mit dem Schwerpunkt Arbeit. Sie wird unterstützt von LinkedIn.