Artikel verfasst von Frank Joung

Van Bo Le-Mentzel ist durch seine Hartz-IV-Möbel bekannt geworden. Im 6,4 Quadratmeter kleinen Tiny House spricht der Architekt und Lehrer mit Frank über die filmreife Flucht seiner Familie, warum er nach einem Flugzeug benannt ist und über die kreativen Anfänge in der Hip-Hop-Szene.

Auf der Flucht geboren

Van Bo ist ein Geflüchteter. Allerdings war er bei seiner Flucht aus Laos noch im Bauch seiner Mutter. Er kam in Thailand in einem Flüchtlingsheim zur Welt – und wuchs im Wedding/ Berlin auf. Sein Vater ist Chinese, seine Mutter war Vietnamesin. Um in Deutschland bleiben zu dürfen, musste seine Familie lügen. In Wirklichkeit heißt Van Bo nicht Van Bo.

„Ich heiße eigentlich Jumbo Jet, so wie das Flugzeug. Mein Bruder heißt Boeing. Echt wahr.“

In seiner Jugend macht Van Bo einiges durch: Seine Mutter verlässt die Familie, als er mitten in der Pubertät steckt. Sie geht ins Kloster – und stirbt einige Zeit später. Seine Familie sei traumatisiert von der Flucht, sagt er. Sie habe nie richtig Fuß gefasst in Deutschland.

„Ich glaube nicht, dass meine Angehörigen ihre Flucht nach Deutschland als Success-Story beschreiben würden. Sie sagen nicht: ‚Yippie, wir haben es geschafft.‘ Sondern denken eher, dass sie gescheitert sind.“

Van Bo lebt sich als Jugendlicher in der Hip-Hop-Szene aus: Er sprüht Graffiti, rappt, natürlich auf Deutsch, – und verschmäht Drogen, während Weggefährte teilweise beim S-Bahn-Surfen ums Leben kommen. Durch die Schule sei er „gesurft“, sie habe ihm nie wirklich Sorgen bereitet.

In Schubladen denken, aber richtig

Nach dem Abitur studiert Van Bo Architektur, was er eher als „philosophische Unterstützung“ betrachtete und weniger als reine Berufsausbildung ansieht. Seit Anfang 2017 arbeitet er als Lehrer an einer Weddinger Schule. Für ihn ein ganz großes, sozialwissenschaftliches Experiment. Dort erlebt er auch die große kulturelle Diskrepanz zwischen Schülern und Lehrern: Hier zu 95 Prozent junge „Migrantenkids“, auf der anderen Seite ältere deutsche Pädagogen. Trotzdem sei Schubladendenken zum Überleben wichtig.

„Ich habe nichts gegen Schubladen. Ich liebe Schubladen. Ich bin ja Architekt. Wichtig ist nur, dass man nicht sagt: Diese Schublade ist mehr wert als die andere.“

Weitere Themen: Vatersein, Spiritualität, Bier-Versuche von Asiaten und ein Spontanbesuch von Tiny-House-Bewohner Jan, der Doppelkeks verteilt.