Artikel verfasst von Frank Joung

Roger Rekless heißt eigentlich David Mayonga. Der 37-Jährige mit deutsch-kongolesischen Wurzeln spricht mit Frank über seine schwierige Kindheit auf dem Land, die Identitätssuche ohne Vater und warum er sich zu Rap hingezogen gefühlt hat.

Seine erste prägende Rassismuserfahrung machte David im Kindergarten. An seinem ersten Tag will er auf einem freien Stuhl Platz nehmen, als ein Kind ihm entgegenruft: „Ein N**** darf nicht neben mir sitzen.“ Erschrocken schaut der kleine David sich um, wo er denn ist, der „N****“ – bis das Kind auf ihn zeigt und David merkt, dass er gemeint ist.

„Von diesem Tag an wusste ich, dass ich anders bin.“

Abgestempelt als böses, schwarzes Kind

David wächst in einem kleinen bayerischen Dorf namens „Markt Schwaben“ auf – als einziges schwarzes Kind. Die ersten Jahre sind nicht leicht. Als David zwei oder drei Jahre alt ist, trennen sich die Eltern. Im Kindergarten und in der Schule wird er aufgrund seines Äußeren gehänselt, beschimpft und verkloppt. Mit dem Anderssein und den alltäglichen Diskriminierungen ist er alleine.

„Meine Mutter hat immer gesagt: ‚Es ist schön, dass du anders bist‘ – was unglaublich schwer anzunehmen ist für ein Kind. Kein Kind will anders sein. Wir wollen alle dazugehören.“

Irgendwann eskaliert die Situation so, dass David für alles verantwortlich gemacht wird. „Ganz egal, ob ich dabei war oder nicht“, sagt er. David beginnt sich zu wehren – und wird schnell abgestempelt als „böses, schwarzes Kind“.

Die Mutter, selbst Lehrerin, zieht irgendwann die Reißleine und schickt ihren Sohn auf die Schule, an der sie unterrichtet. Dort verbessert sich die Situation schlagartig, erzählt David.

„Kids wie ich eines war, sind so früh gezwungen, sich mit ihrer Identität auseinanderzusetzen. Ein Hans und ein Querin müssen sich nicht die Frage stellen, was sie eigentlich sind. Das kommt bei ihnen erst in der Jugendzeit, also viel später.“

Mit Rap war plötzlich alles cool

In der Jugend entdeckt er Hip Hop. Zum ersten Mal sieht er Menschen, die so aussehen wie er und coole Sachen machen. David kann sich sofort mit den Rappern identifizieren und probiert sich im Hip Hop aus: malen, tanzen, auflegen, rappen.

„Eigentlich war in meinem Leben alles uncool: mit alleinerziehender Mutter in einer Hochhaussiedlung wohnen, in einem Dorf, in Bayern, und das auch noch als Halb-Schwarzer. Doch dann kam Rap – und plötzlich war das alles cool. Da fühlte ich mich so krass angenommen.“

„Ich bin mehr als eine Hautfarbe“

David wird erst zu „T-Dog“, der englische Texte rappt, natürlich mit vielen Schimpfwörtern. „Du würdest dich schlapp lachen, wenn du heute die alten Texte hörst“, sagt er lachend.

Später gibt er sich den Namen Roger Rekless. Doch obwohl er seine Bestimmung gefunden zu haben scheint, will David aka Rekless nicht nur als „Rapper“ wahrgenommen werden.

Neben der Musik moderiert er im Radio. Er arbeitet mit Jugendlichen, ist leidenschaftlicher Kampfsportler und konvertiert zum Islam. Einer seiner Podcasts hieß: „Rekless tut Dinge.“

„Ich habe lange versucht zu verstehen, warum ich immer Sachen machen will. Ich liebe es, Neues zu probieren. Aber es ist auch getrieben von diesem Gedanken: ‚Reduzier mich nicht.‘ Ich bin nicht nur eine Hautfarbe. Ich habe mehrere Facetten. Ich bin mehr als das, worauf ihr mich reduzieren wollt.“

Im März 2019 ist sein Buch herausgekommen. Es heißt: „Ein N**** darf nicht neben mir sitzen“ – Eine deutsche Geschichte.  Darin beschreibt David eindrücklich, wie Alltagsrassismus sein Leben zwar geprägt, aber nicht bestimmt hat.

Nach der langen Identitätssuche hat David eines sicher für sich festgestellt: Dass er immer noch Lokalpatriot ist – trotz der teilweise schlimmen Erfahrungen in der bayerischen Heimat.

„Ich kann machen, was ich will – ich bin a Bayer! Ich fühle mich eher zu Bayern zugehörig als zu Deutschland.“

Weitere Themen: Malcolm X, Konflikte mit der Mutter, Basketball & Kampfsport & Top 5 beste Halbe-Katoffl-Freestyler

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