Artikel verfasst von Frank Joung

Geboren in Kinshasa, Kongo, aufgewachsen in den Banlieues von Paris, umgezogen nach Köln – Karmela Shako hat viel gesehen und erlebt. Die Schauspielerin spricht über ihre afrokölsche Identität, warum sie immer dachte, dass sie die Beste sei und weshalb es sie beruflich nach Westafrika zieht.

Karmela wird am 30. März 1978 in Kinshasa geboren, wo sie aber nur acht Monate bleibt. Sie wächst in Paris auf, genauer gesagt, in St. Denis, einem Vorort. Sie muss früh viel mit ansehen, die Banlieues sind tough: Polizeigewalt, Frauendiskriminierung, Rassismus, alles an der Tagesordnung. Trotzdem hat sie auch viele positive Erinnerungen an die Zeit an ihr „Klein Afrika“, wie sie ihre Nachbarschaft nennt.

„Es war schön! Wir hatten wenig, aber wir hatten uns. Wir waren so viele und alle gleich.“

Irgendwann aber wird es der Familie zu unerträglich: die von Rassismus geprägten Behördengänge, die soziale Unsicherheit, Unruhen, brennende Autos. Frankreich befindet sich Ende der 90er an einem kritischen Punkt, vor allem für Schwarze und Peopole of Color. Karmela zieht mit ihren Eltern und Geschwistern nach Deutschland.

„Ich bin afrokölsch“

„Köln ist für mich die humanste Stadt in Deutschland“, sagt Karmela. Sie kennt die Stadt von Urlauben, ihre Verwandtschaft wohnt hier. „Ich habe Glück gehabt“, sagt sie, dass sie in Köln gelandet seien und nicht woanders. Der feste Zusammenhalt der erweiterten Familie gibt ihr Halt.

„Ich hatte keine Issues. Ich hatte nicht die Probleme zu denken, wer bin ich oder mag mich hier jemand. Ich mochte mich immer, weil ich ja wusste, woher ich komme.“

Abgehärtet von den Banlieues, gestärkt von den Eltern, die ihr ständig spiegeln: „Du bist die Beste!“ erfährt sie zwar Rassismus, aber lässt ihn wenig an sich ran. „Ich bin sehr positiv. Und ich bin abgehärtet von den Banlieues. Ich hab Rücken.“ In der Schule ist sie gut, selbstbewusst, laut und präsent. Sie weiß früh, was sie will.

„Ich bin müde zu kämpfen“

Nach ihrer kaufmännischen Ausbildung, die sie nur für ihre Eltern macht, studiert sie Theater und Film. Sie arbeitet hart, hat zum Teil fünf Nebenjobs gleichzeitig. Aber die deutsche Filmlandschaft wartet nicht gerade auf sie. „Du wirst Schwierigkeiten haben, Jobs zu finden“ wird ihr dauernd gesagt. Von 80 angeschriebenen Schauspielagenturen meldet sich nur eine zurück. Bei der ist sie bis heute.

Mittlerweile orientiert sich Karmela außerhalb von Europa. „Mein Ziel ist es, mich in Westafrika zu etablieren.“ Die Elfenbeinküste zum Beispiel ist das neue frankophone Filmzentrum in Afrika. Auf lange Sicht sieht sie sich nicht in Deutschland. „Das dauert mir alles zu lange. Ich bin müde zu kämpfen. Ich will meine eigenen Geschichten schreiben.“

Eine Idee hat sie schon in petto. Es geht um einen Horrorfilm auf Teneriffa, bei dem sich Schwarze, tote Menschen aus dem Mittelmeer an (weißen) Touristen rächen. „Ich will mehr für meine eigenen Leute. Wir haben so viel zu zeigen und zu erzählen. Ich weiß, dass ich privilegiert bin, deswegen möchte ich was weitergeben.“

„Ich bin 100% afrikanisch und ich bin 100% europäisch.“