Artikel verfasst von Frank Joung

„Transmann aus Hamburg“. So stellt sich Duke Duong auf Social Media vor. In dieser Folge spricht Frank mit dem Deutschen chinesischer Einwanderer über Scham und Einsamkeit, übers YouTuben und TikToken, über Hormontherapie und Brustentfernung – und welches der wichtigste Schritt in seinem Leben war.

Dukes Eltern sind Chinesen, für deutsche Behören aber galten sie als Vietnamesen – weil sie Ende der 1980er Jahre aus Vietnam flohen. Duke selber sieht sich in erster Linie als Deutscher. Er sagt: „Ich schäme mich für meine Herkunft, ich fühle mich null verbunden mit diesen Ländern.“

„Ich bin sehr einsam aufgewachsen“

Duke wird – unter anderem Namen und Geschlecht – im Dezember 1994 in Delmenhorst geboren. Dort wächst er auch auf: in einem sehr weißen, privilegierten Umfeld, wie er sagt. Seine Eltern achten darauf, dass er eine Schule besucht, auf die „wenig Ausländer“ gehen.

Die Eltern haben ein Restaurant, arbeiten viel und haben wenig Zeit für Duke. Zunächst kümmern sich seine Großeltern um ihn, später dann, ab dem Grundschulalter ist Duke viel allein.

„Ich bin sehr einsam aufgewachsen. Es war nicht gesund, so lange alleine zu sein und auch so lange. Ich habe Selbstgespräche geführt, mir fiktive Situationen ausgedacht. Mir gings nicht gut.“

Duke flüchtet ins Internet, macht einen YouTube-Kanal, reist schon mit 14 alleine durchs Land, um Menschen aus dem Netz zu treffen. „Ich war leider sehr naiv.“ Aber in der Anonymität des Internets fühlt er sich wohl. „Dort konnte ich ich sein, ohne dass andere wissen, wer ich war.“

Der Moment, der alles verändert

Im Teenageralter kommen auch erste Fragen: Was stimmt nicht mit mir, fragt sich Duke. Freundinnen fangen an, sich zu schminken und für Jungs zu interessieren. „Das hat mich gar nicht interessiert.“ Als das Gerücht umgeht, Duke sei lesbisch, kann Duke nichts damit anfangen – er weiß nicht genau, was das heißt –, aber ist fast froh, dass es Andockpunkte gibt. „Ich dachte, vielleicht bin ich lesbisch.“

Der entscheidende Schlüsselmoment kommt beim Schul-Fußballturnier. Duke sieht einen Jungen, der beim gegnerischen Mädchen-Team mitspielt. Doch es war kein Junge, sondern ein Mädchen.

„Dieser Moment hat alles in mir verändert. Ich dachte: Wow, ich muss gar nicht so aussehen. Ich muss gar nicht das typische Mädchenbild abgeben. Ich kann auch meine Haare abschneiden. Ich kann auch Jungsklamotten anziehen, was ich immer wollte im Unterbewusstsein.“

Monate später macht er genau das: Mit kurzen Haaren und Jungsklamotten betritt er nach den Ferien die Schule. Den Moment beschreibt er so: „Ich war super selbstbewusst, ich war so: Here I am!“

Mit seinen Eltern – sein Vater schnitt ihm die Haare, mit seiner Mutter kaufte er neue Kleidung – hatte er nicht darüber geredet, warum er das gemacht hat und wie er sich dabei fühlt. Auch den neuen Namen fügt er nach und nach bei Accounts ein. Seine Eltern bitte er, ihm einen neuen (Jungen-) Namen zu geben. Sie nennen ihn „Aaron“. Das ist sein offizieller erster Name. Beide Vornamen stehen mittlerweile auch im Pass.

Hormontherapie und Kombi-OP

Aufwändiger ist die Geschlechtsangleichung, für die er sich Anfang 20 entscheidet. „Die Leidensseite wurde größer, weil ich physisch nicht ich sein konnte.“ Vor allem die Brust und die weiblichen Gesichtskonturen machen Duke zu schaffen. Er entscheidet sich für eine Hormontherapie mit Testosteron und die Kombi-OP: Die Entfernung der Brust und der Gebärmutter.

Heute ist er insgesamt zufrieden mit der Angleichung: Seine Stimme ist tiefer geworden, sein Gesicht markanter, Duke trägt jetzt Bart – er wird meist als Mann gelesen. Aber in dem Prozess musste er auch lernen, sein Bild von Männlichkeit anzupassen und nicht zu sehr in Klischees von dicken Muskeln und breiten Schultern denken.

Weitere Themen: Dating als asiatischer Transmann, Deadname in der Schule, rassistische NDR-Doku & Social-Media-Rampenlicht.

Duke auf Instagram und TikTok: @trans.parenz