Dieu Hao Do ist in Niedersachsen groß geworden, hat in Dresden studiert, in Texas seine Filmleidenschaft entdeckt und unter anderem in Taiwan, Paris und Hongkong gelebt. Der Regisseur hat einen Dokumentarfilm („Hao Are You“) über seine chinesische Familie gemacht, die nach dem Vietnamkrieg flüchten musste und sich in alle Welt verstreute.
Über den filmischen Drahtseilakt der Spurensuche, seine Zeit bei der Feuerwehr – und was er monatelang in einem Fischerdorf gemacht hat. Über strukturellen Rassismus in der Filmhochschule, asiatisch-diasporische Community-Screenings und die spezielle Mentalität in Dresden.
Hao wird am 7. Mai 1986 in Stadthagen geboren. Seine Familie stammt aus der zweiten Generation der chinesischen Minderheit in Vietnam und musste nach dem Krieg aus dem Süden des Landes flüchten.
„Du bist Chinese!“
An seine Kindheit und Jugend in der niedersächsischen Kleinstadt hat Hao gute Erinnerungen. „Ich bin behütet aufgewachsen. Ich hatte Freunde und wurde in der Schule gefördert und denke gerne daran zurück.“ Auch wenn er – wie er heute weiß – in einer „weißen Mittelschichtsbubble“ aufwächst. Zu Hause trichtet ihm seine Mutter dagegen ein: „Du bist Chinese.“
Das Konzept Urlaub kennt er persönlich nicht. Wenn die Familie verreist, dann zu Verwandten. Mit sechs fliegen sie nach Hongkong – eine Reise, die sein Bild von Familie erweitert und prägt. Prägend war auch sein Schulaustausch in den USA.
Er wohnt bei einer weißen Familie in El Paso, Texas, und entdeckt in der High School seine Leidenschaft fürs Filmemachen. Er hatte zwar schon vorher Videos beim Skaten gedreht, aber hier lernt er, wie Filme entstehen und dass man mit ihnen Geschichten erzählen kann. „Das war eine Offenbarung!“
In jungen Jahren tingelt Hao viel durch die Welt: Er macht ein freiwilliges soziales Jahr in Taiwan – bei der Feuerwehr (!), studiert in Dresden, Paris und Hongkong und bewirbt sich schließlich bei der Filmhochschule Babelsberg. Das, was er zunächst als Ritterschlag wahrnimmt, entpuppt sich als schwieriger Erfahrungsprozess: „Ich hatte anfangs viele Probleme.“
Hao erfährt strukturellen, institutionellen Rassismus – was ihn zunehmend politisiert. Er lernt, dass das System nicht darauf ausgerichtet ist, dass „Leute wie er“ da durchlaufen. „Ich habe studiert, um dann herauszufinden, dass ich das Studium nicht brauche.“
Mit der Politisierung beschäftigt er sich aber auch mit seiner Identität:
„Das Chinesisch-Ding kam, als ich professionell angefangen habe, Filme zu machen – als Autor und Regisseur – und mir die Frage zu stellen: Was habe ich denn wirklich zu erzählen?“
Familien-Spurensuche für „Hao Are You“
Für seinen Dokumentarfilm „Hao Are You“ begibt er sich auf Spurensuche. Er erforscht die Zersplitterung seiner Familie, die sich nach dem Krieg auf verschiedene Länder auf drei Kontinenten verteilt: Deutschland, USA, Vietnam und Hongkong.
Zwischen Traumata, Streit, Gewalt, Krieg, Flucht und Versöhnung versucht er die Fäden der Familie zu spannen. „Ich hole da schon ein paar Leichen aus dem Keller“, sagt er lachend. Im Dezember 2023 wird er im ZDF zu sehen sein. Für den Film wird er 2023 für die FIRST STEPS AWARDS nominiert.
Kommentare von Frank Joung