Elif Demirezer ist in der Musikwelt als „Elif“ bekannt. Die 25-jährige Sängerin hat türkische Eltern und ist in Berlin geboren. Ein Gespräch über ihr früheres Doppelleben, die passenden Worte für große Gefühle und Lied-Botschaften an ihre Eltern.
„Ich will nicht hart werden“
Als Elif ihrem Vater das Lied „Baba“ vorspielt, ist er nicht begeistert. „Warum erzählst du allen, dass ich im Casino gespielt habe? Und warum behauptest du, dass ich nicht angekommen bin – ich bin doch angekommen?“, empört er sich. Elif sieht das anders. Sie diskutieren darüber. Er versteht und akzeptiert Elifs Meinung. „Ich wollte einen Song schreiben, der ihn aufmuntert“, sagt Elif. „Ich wollte ihm zeigen, dass es in Ordnung ist, wenn man schwach ist.“
Seit fast zehn Jahren ist Elif schon im Musikgeschäft. Bereits als Teenager belegt sie bei der TV-Show „Popstars“ mit ihrem Partner den zweiten Platz. Danach macht sie solo weiter. 2013 bringt sie ihr erstes Album „Unter meiner Haut“ heraus. Sie legt viel Wert auf persönliche Texte und emotionale Lieder. „Ich mache das alles, um nicht hart zu werden“, sagt sie.
„Ich bin geflüchtet von Zuhause“
Elifs Weg als Popsängerin war nicht vorgezeichnet. Ihre Eltern lernen sich in der Türkei kennen und ziehen Ende der 1980er-Jahre nach Berlin. 1992 kommt Elif zur Welt. Sie wächst im Bezirk Moabit auf – einem Arbeiterviertel, fernab von Touristenströmen und noch am ehesten bekannt für die Justizvollzugsanstalt.
Elif hat zwei Brüder und eine Schwester. Die Eltern sind vor allem mit den Mädchen streng. Elif verbringt so viel Zeit wie möglich außer Haus. „Ich bin oft geflüchtet von Zuhause, weil ich immer so viel Anschiss bekommen habe. Ich habe mich nie gefügt.“ Im Nachhinein habe ihr das genutzt, vermutet sie. Elif besucht die Musical-AG und singt im Chor. Sie ist sozial, viel „draußen in der Straße“. Aber sie muss ihre Eltern auch oft anlügen – was sie heute bedauert.
„Jetzt, wo ich älter werde, checke ich, dass meine Eltern ganz andere Ängste hatten als ich. Sie kommen in ein anderes Land und raffen gar nicht, wie das hier abläuft. In der Türkei ist einfach vieles anders.“
„Schluss mit dem Doppelleben“
In dem Lied „Doppelleben“ singt sie davon, dass sie ihren Eltern ihr wahres Ich zeigen möchte:
„Ich will euch alles sagen können,
damit ihr seht und versteht, wer ich bin.
Ich will euch alles fragen können,
damit ich weiß, was noch geht und wohin.
Geheimnisse anvertrauen, einen neuen Boden bauen.
Den ganzen Fake aufgeben, Schluss mit diesem Doppelleben.“
Sie habe ihre Eltern gebeten, sie so zu akzeptieren, wie sie ist, aber auch sie gebe sich Mühe, ihre Eltern so anzunehmen, wie sie sind.
Je älter sie werde, umso mehr erkenne sie, dass sie beide Seiten in sich trage – und dass weder die „türkische“ noch die „deutsche“ Seite gut oder schlecht ist.
„Ich kenne Baklava, aber ich kenne auch Currywurst – und das ist voll cool. Das erweitert meinen Horizont.“
Es war auch diese Zerissenheit zwischen „Zuhause“ und „Draußen“, die sie zur Musik getrieben habe. „Ich hatte einen Drang mich mitzuteilen.“
Mittlerweile gehört sie zu den hoffnungsvollsten deutschsprachigen Popsängerinnen des Landes. Im März geht Elif auf Deutschlandtour. Songs, Videos und Tickets gibt es hier: www.elif-musik.de/
Weitere Themen: Isch oder ich? Große Gefühle und die richtigen Worte, Deutschrap, Istanbul und Sucuk zum Frühstück.
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Kommentare von Frank Joung