Jordan Jordanis Kifle ist die Gründerin des Hip Hop Headquarters in Berlin. Ein Gespräch über ihr schwieriges Aufwachsen in Mönchengladbach, Holland Vibes und Überangepasstheit. Über westliche Schönheitsideale, Arbeiten im Hintergrund und Kleider kaufen in New York.
Jordanis wird am 6. Oktober 1978 in Asmara, Eritrea, geboren. So steht es zumindest in ihrem Pass. So ganz gesichert sind die Angaben nicht. Auch 1980 als Geburtsjahr ist im Spiel, sagt Jordanis, oft auch Jordan genannt. Ihr Vorname ist auch nicht der richtige: Im Perso steht Jardena. „Niemand in meiner Familie kennt den Namen.“
„Ich hatte mich schon verloren“
Sie wächst in Mönchengladbach auf, nachdem ihre Familie Eritrea aus „Bürgerkriegs ähnlichen Zuständen“ flieht. Die Stadt zeigt sich oft von ihrer schlechten – rechten – Seite. Jordan sagt heute: „Ich habe das Beste draus gemacht.“ Aber rassistische Übergriffe – Hakenkreuz-Beschmierungen, Spuckattacken, Mobbing durch Lehrpersonal zeigen ihre Wirkung.
„Ich war überangepasst. Ich hatte mich schon verloren.“
Ihre Pubertät bezeichnet sie als schlimm. Sie passt nicht ins weißdeutsche Schönheitsideal. Ist unsichtbar. Sie entdeckt Hip Hop und ist früh involviert in Deutschrap – Eko Fresh geht auf ihre Schule, später arbeitet sie mit Samy Deluxe bei Deluxe Records. Als sie eigene Ambitionen als Sängerin zeigt, sagt man ihr bei einem Plattenlabel: „Du verkaufst dich nicht. Heller wäre besser.“
Wie? Ich soll schön sein?
Erst als sie mit 18/ 19 den deutschen Pass bekommt, öffnen sich Türe und Tore. Sie darf reisen. „Neue Welten haben sich eröffnet, ich kann reisen und muss keine Angst haben, abgeschoben zu werden.“ Sie reist öfter nach New York, bis sie entschließt, ganz in die USA zu ziehen. „Ich wollte mal wieder atmen, da konnte ich atmen.“
Sie findet eine Community, vor allem in Harlem. Und sie findet ihre feminine Seite. Denn in NYC kommen Männer auf sie zu, anders als in Deutschland, wo das nie passiert ist.
„Ich glaube, das erste Mal, dass ich gehört habe, dass mich ein Mann schön findet, war mit 36. Noch nie gehört, dass ich schön bin. Das ist mir nicht in den Sinn gekommen, dass ich schön bin. Nie! Nicht eine Sekunde.“
Sie startet ein Start Up in New York: Kifle Pods – stylische Kopfhörerschoner. und zieht dann – nach Black Lives Matter und Pandemie zurück nach Deutschland. Die erste Zeit im kalten Berlin („Der Winter hat mich fast gebrochen“) ist traumatisierend. „Ich wurde angestarrt, angemacht, angespuckt – das war ich nicht mehr gewöhnt. ich habe mich erinnert: Ach ja, deswegen bist du ja gegangen.“
„You gotta do it yourself!
Dann entdeckt sie das leere, ehemalige Toyotahaus gegenüber vom Universal Büro und denkt sich: interessant. Sie bekommt das fast 9000 qm große Objekt mit 120 Parkplätzen und gründet das Hip Hop Headquarter HQForty4, anlässlich des 50-jährigen Jubiläums von Hip Hop. Dort sollen in den nächsten 50 Wochen viele verschiedene Events stattfinden.
„Ich habe immer darauf gewartet dass andere Spaces für mich öffnen, auch dieses Romantisierte: Irgendwann wird es schon kommen – nee Girl, you gotta do it yourself.“
Kommentare von Frank Joung