Maximilian Pollux saß rund zehn Jahre in Haft. Der 39-Jährige ist in Nürnberg geboren und hat eine deutsche Mutter und einen Vater aus Guadeloupe. Max spricht über Drogenfahrten in jungen Jahren, Kriegermentalität im Knast und warum die Resozialisierung von Straftätern so nicht klappt.
Bevor Maximilian Gangster sein wollte (und wurde), hatte er einen anderen Wunsch: „Ich wollte Jugo sein“, sagt er lachend. Die waren tough und hatten coole Frisuren. Max wächst in einem Brennpunktbezirk in Nürnberg auf. Seinen leiblichen Vater, der von der Karibikinsel Guadeloupe stammt, „kickt“ die Mutter raus, als er drei Jahre alt ist. „Mein Vater hat sich danach nie bei mir gemeldet, aber ich habe auch nicht drüber nachgedacht.“ Treffen wird er ihn er erst später – im Gefängnis.
Drogenkurier als Schüler
Die Schule empfindet Maximilian als extrem belastend, er sucht Aufmerksamkeit, spielt den Klassenclown. „Ich hatte viele Talente, aber in der Schule war das alles nichts wert.“ Schon früh baut er „viel Scheiße“. Als sein Onkel ihn als 13-Jährigen bittet, in die Niederlande zu fahren, um „eine Tasche abzuholen“, willigt er ein. Es ist seine erste Drogenkurierfahrt – viele weitere sollten folgen.
Jahrelang bewegt sich Max im kriminellen Milieu. Angefangen mit harmloseren Delikten wie Diebstahl, Graffiti sprühen, dealt er bald mit Drogen und Waffen. „Ich war ein kleiner Assi“, sagt er. Dementsprechend schnell wurde es auch düster um ihn herum. Mit Anfang 20 wird er – nach zweijähriger Flucht vor der Polizei – in den Niederlanden gefasst und später für 13 Jahre und einen Monat Haftstrafe verurteilt.
„Ich war drauf gefasst gewesen und habe meine Urteil mit Nase hoch angenommen. Ich war sogar stolz. Mir war klar: Je länger du sitzt, desto stabiler ist dein Lebenslauf als Gangster und deswegen war ich bereit, den Preis zu zahlen.“
Im Gefängnis muss er sein Gangster-Mindset nicht groß ändern. „Im Knast gewinnst du Diskussionen, wenn du aggressiver, lauter und stärker bist. Ich habe mich als Krieger gesehen. Es gibt sicher eine Zeit und einen Ort, um deinen Taten zu reflektieren und einzusehen, aber das Gefängnis ist nicht der Ort. Diese Zeit musst du durchstehen und dafür musst du dich anpassen.“
Entlassung nach fast zehn Jahren
Nach neun Jahren und acht Monaten wird Max vorzeitig entlassen. Sein Ziel: ein Jahr lang keine Straftat begehen, da er soviele Straftäter gesehen hat, die innerhalb eines Jahres wieder kriminell werden. Es klappt – auch wenn es nicht einfach ist. Doch Max findet seinen Weg in den darauffolgenden Jahren, indem er seine persönliche Geschichte erzählt – in Podcasts wie „Gangs im Knast“ oder „Der Gangster, der Junkie und die Hure“ oder seinem Roman „Kieleck“, den er im Gefängnis geschrieben hatte.
Sein Jugendhilfeverein „SichtWaisen“ widmet sich mit den Schwerpunkten Kriminal-, Gewalt- und Drogenprävention. Max hat unzählige Workshops und Vorträge in Schulen und pädagogischen Einrichtungen gehalten. Er ist überzeugt: „Wir verhindern so viele Straftaten!“ Gerade auch deshalb, weil sich Jugendliche direkt über Social Media melden und Beratung suchen.
„Offener Vollzug bringt so viel mehr“
Auch in Talkshows und auf Panels plädiert er für einen anderen Umgang mit Straftätern: weniger Haft, mehr Prävention, bessere Resozialisierung.
„Bei allen, die nicht gewalttätig sind, muss die Haft so nah wie möglich an Freiheit sein, angepasst an die Lebensrealität draußen. Es kann nicht sein, dass du mir jeden Tag mein Essen bringst und ich im Gefängnis zum Arzt oder arbeiten gehen kann. Du musst draußen arbeiten. Offener Vollzug, da hast du so viel mehr von als von geschlossenem Vollzug.“
Weitere Themen: Souverän sein wie George Clooney, Brown Pride, Raidersjacken, Pokerspieler-Träume, Zahnartbesuche in Haft und warum er sich selber verriet.
Diese Folge ist Teil der „Work-Edition“ mit dem Schwerpunkt Arbeit. Sie wird unterstützt von LinkedIn.
Kommentare von Frank Joung