Artikel verfasst von Frank Joung
Diese Episode ist Teil der Serie „Sport-Edition“

Ivana Jagla ist in Sarajevo geboren, im heutigen Bosnien-Herzegowina. Ihr Vater ist Serbe, ihre Mutter Kroatin. 1987 kam die damals Dreijährige nach Deutschland – kurz bevor in Jugoslawien der Krieg begann.

Sport spielte im Leben der 35-Jährigen immer schon eine große Rolle: Ballett, Reiten, Tennis, Handball – als Kind probiert sie alles aus. Aber erst beim Basketballtraining spürt Ivana: Das ist es! Da ist sie schon zwölf Jahre alt. Eigentlich ein Wunder, dass sie erst so spät ihre Liebe zu Basketball entdeckt. Denn ihr Vater, Svetislav Pešić, ist ein bekannter Basketballtrainer. Er war es, der die deutsche Männer-Nationalmannschaft 1993 sensationell zum EM-Sieg führte. Auch Ivanas Mutter Vera und ihr acht Jahre älterer Bruder Marko sind dem Basketball verfallen.

Krieg und Zusammenhalt

Der Jugoslawien-Krieg stellt die Pešićs vor eine besondere Herausforderung. Sie nehmen mehrere Familien in ihrem Heim in nordrheinwestfälischen Hagen auf.

„Der Krieg brach aus und von heute auf morgen standen 20 Leute vor unserer Tür.“

Keine einfache Zeit für das Nesthäkchen in der Familie, wird doch von ihr auch verlangt, dass sie zurücksteckt. „Diese Leute, teils aus hohen Positionen, mussten ihren Stolz komplett in fremde Hände geben.“

Der Tagesablauf der Familie ist stark geprägt vom Sport. Irgendwer kam oder ging immer zum Spiel oder Training. Und doch fand die Mutter – im doppelten Sinne – einen Weg, alle an einen Tisch zu holen.

„Das gemeinsame Mittagessen war meinen Eltern sehr wichtig. Das war der einzige Moment am Tag, wo wir alle zu Hause waren.“

Da hat die Mutter richtig aufgetischt: „Drei Gänge!“ erinnert sich Ivana. Wenn sie an Jugoslawien denkt, fällt ihr als erstes „Zusammenhalt“ ein. Ihre Familie repräsentiert die gesamte Balkanregion: Vater aus Serbien, Mutter aus Kroatien und die beiden Kinder, geboren in Sarajevo, dem heutigen Bosnien-Herzegowina. Die Herkunft habe trotzdem nie eine Rolle gespielt. Die Eltern hätten stets nationale wie internationale Neuzugänge im Team bei sich zu Hause empfangen.

„Sport verbindet. Da gibt es keine Religion und keine Farbe. Deshalb liebe ich den Sport. Das haben mir meine Eltern immer so vermittelt.“

„Du bist keine typische Deutsche“

Als Teenager geht sie für ein Jahr in die USA, spielt Basketball in Florida auf einer Schule mit rund 80 Prozent afroamerikanischem Schüler*innenanteil. Ihre Mitschüler*innen sagen zu ihr: „Du bist keine typische Deutsche. Du bist eher wie wir.“ Nach dem Jahr bekommt sie Stipendienangebote von drei Schulen, lehnt aber ab. Sie will lieber in Europa leben, wo sie sich freier fühlt als in den Gated Communities in den USA. „Das war nix für mich. Ich brauche meine Freiheit.“

Als ihr Vater in Barcelona anheuert, zieht sie nach und spielt dort für den Club. Mit 19 Jahren beendet sie aber bereits ihre Leistungssportkarriere. Später lernt sie Jan Jagla kennen, ebenfalls Basketball-Nationalspieler, den sie 2009 heiratet. Mit ihm wohnt sie in Ankara, Berlin und München. Nicht selten kommt es zu Familienduellen, wo ihr Vater auf der einen und ihr Mann auf der anderen Seite der Teams stehen. Sie kommt viel rum, lernt viele unterschiedliche Kulturen und Menschen kennen – und doch: Der Basketballkontext macht es immer einfacher.

„Sport ist der Anker, weil man immer ein gemeinsames Thema hat.“

Heute vermittelt die 35-Jährige als Personal Trainerin in München das, was sie in all den verschiedenen Teams und Vereinen gelernt hat: Körpergefühl, Disziplin und ein faires Miteinander. Die Faszination Sport lässt sie nicht los.

„Ich habe eine Freundin, die ich seit 25 Jahren vom Basketball kenne. Der Zusammenhalt, den wir damals hatten, schweißt uns heute noch zusammen. Dieser Sport, dieses Team hat etwas mit uns gemacht. Das kann man gar nicht beschreiben. Das ist etwas Wunderschönes.“

Ivana Jagla auf Instagram: @ivileaguemunich

 

Die Serie “Halbe Katoffl Sport” ist entstanden in Kooperation mit „Integration durch Sport“, das dieses Jahr sein 30-jähriges Jubiläum feiert. Das Bundesprogramm wird vom Bundesinnenministerium und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert.

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