Dominik Djialeu hat deutsch-kamerunische Wurzeln. Bei Halbe Katoffl spricht er von seinem Coming Out, warum er die Schauspielerei an den Nagel gehängt hat – und wieso queerer Hip Hop kein Widerspruch in sich ist.
Dominik wurde 1986 in Kassel geboren. Sein Vater war aus Kamerun nach Deutschland gekommen, um zu studieren. Seine Mutter ist Deutsche. Beide lernten sich während ihrer Studienzeit in Niedersachsen kennen.
Prägende Internatszeit
Doch die Eltern trennen sich bereits wieder, als Dominik vier Jahre ist. Er wächst bei seiner Mutter auf. Sie leben erst in Göttingen, dann ziehen sie zu dem neuen Partner der Mutter in die Nähe aufs Land.
„Auf dem Dorf war ich die einzige halbschwarze Person. Klar habe ich nach Identifikationsfiguren gesucht. Die habe ich aber in meinem direkten Umfeld nicht gefunden.“
Wenn Dominik über den Rassismus spricht, den er über die Jahre erlebt hat, zeugt das von einer gewissen Abgeklärtheit. Urwaldrufe, das N-Wort, andere schlimme Beschimpfungen wie „Bongolippe“ – das hat er alles anscheinend zuhauf gehört. Während seine Vater eher die Meinung vertritt, er solle sich wehren, gibt ihm seine Mutter eher den Rat, die Diskriminierungen zu ignorieren.
Mit elf besucht er ein Internat – seine Mutter ist beruflich viel beschäftigt, der Kontakt zu seinem Vater ist unregelmäßig. Dominik, obwohl tendenziell nach eigener Aussage eher ein zurückgezogener Typ, fühlt sich wohl in der neuen Schule. „Das Umfeld war viel internationaler“, sagt er.
Rückblickend sagt er über seine Freunde: „Heute würde ich genau mit den Kids rumhängen, mit denen ich damals abgehangen habe.“ Er entdeckt die Musik für sich: Seine Liebe für R’nB und Hip Hop wächst. Und hier findet er auch endlich Role Models, die ihm ähnlich sehen und mit denen er sich identifizieren kann. „Die Internatszeit war seine sehr prägende Zeit für mich“, sagt Dominik heute.
„Ich wollte sein wie die anderen“
In der Pubertät „versucht er es mit Mädchen“ – doch das Interesse nimmt immer mehr ab. „Anfangs wollte ich den straighten Weg gehen.“ Doch die komplizierte familiäre Situation und das Nichtweißsein hätten ihn stärker beschäftigt und mehr Probleme bereitet als seine Sexualität.
„Ich habe versucht, mein lockiges Haar glatt zu bürsten. Ich wollte sein wie die anderen.“
Coming Out: Eltern reagieren unterschiedlich
Trotz der Erkenntnis, dass er nicht wie „die anderen“ ist, findet Dominik „irgendwann zwischen 16 und 20 Jahren“ das alles gut so sei wie es ist.
„Ab einem gewissen Punkt habe ich gemerkt, dass es interessant und spannend ist, anders zu sein. Ich bin heute dankbar dafür, dass ich Afrodeutscher und dass ich queer bin. Ich denke mir: Ich habe nur dieses eine Leben – und es ist schön, ein bisschen besonders zu sein.“
Während sein Coming Out der Mutter gegenüber unkompliziert ist, nimmt sein Vater es nicht so leicht. „Es ist für ihn immer noch schwierig, das offen zu kommunizieren. Ich habe nie wirklich in sein Bild gepasst. Wir streiten heute noch viel über unsere unterschiedlichen Vorstellungen vom Leben.“
In Kamerun, dem Heimatland des Vaters, war Dominik bislang noch nicht. „Aber es ist ein großer, großer Wunsch von mir dort hinzukommen.“ Ein Projekt, was Vater und Sohn gemeinsam angehen wollen.
„Sie werden nie den Polizisten spielen“
Anfang 20 studiert Dominik Schauspiel, doch der Markt ist nicht nur hart umkämpft, sondern immer noch stark mit Vorurteilen behaftet. „Ich wurde viel auf Klischeerollen reduziert.“ Eine Besetzerin sagte ihm mal: „Sie werden bei uns nie den Polizisten spielen. Das würde die Leute irritieren.“
Dominik arbeitete dann selbst als Caster und Besetzer für Schauspielrollen und organisiert die mittlerweile etablierte Partyreihe „BERRIES“ – ein Safe Space für Hip-Hop-Liebhaber*Innen. Denn nicht jeder Rapsong hat homophobe oder sexistische Inhalte. „In den USA gibt es eine große queere Hip-Hop-Szene“, sagt Dominik, der die Party ins Leben gerufen hat, weil er sich auf den gewöhnlichen Hip-Hop-Partys unwohl bzw. unsicher gefühlt hat.
Seit Anfang 2020 moderiert er zudem „BBQ – der Black Brown Queere Podcast“. Gemeinsam mit dem Aktivisten Zuher Jazmati sprechen sie über BIPoC-Themen wie „Islam und Queerness“ oder „Hautfarbe als Fetisch“. Denn sie erleben es oft, dass die queere Szene sehr einseitig dargestellt und wahrgenommen wird. Und natürlich gibt es auch in der queeren Szene Rassismus.
„Es gibt uns queere PoCs (People of Color) und wir sind nicht nur drei oder vier, sondern wir sind viele. Wir haben es auch verdient, dass man uns annimmt uns unsere Themen bespricht.“
Weitere Themen: Kelly Family, Guilty Pleasure Songs, The Token Black Guy, weiße linke Szene uvm.
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Kommentare von Frank Joung