Daniel Hanemann ist CEO und Gründer von wundertax, einem Berliner Unternehmen für Steuersoftware. Der 30-Jährige mit taiwanesisch-deutschen Wurzeln ist in Hongkong aufgewachsen. Warum Sommerferien-Zeltlager so prägend für ihn waren, was man mitbringen sollte, um ein Start-up zu gründen und warum er einen Stand-Up-Comedy-Kurs besucht hat.
Dreisprachig in Hongkong
Daniel kommt im Juli 1993 in Hongkong zur Welt. Sein Vater ist Deutscher, seine Mutter kommt aus Taiwan. Seiner Erinnerung nach dreht sich das frühe Aufwachsen vor allem um die (deutsche) Schule in Hongkong. Schon früh wächst Daniel dreisprachig auf. In der Schule und mit seinem Vater spricht er Deutsch, mit seinen (deutschen) Freunden eher englisch und mit seiner Mutter chinesisch. Die Mutter achtet drauf, dass er mandarin (wie in Taiwan/ China) spricht und nicht kantonesisch (wie in Hongkong).
Die Sommerferien verbringt die Familie in Lörrach im Dreiländer-Eck. Ab seinem zwölften Lebensjahr besucht Daniel regelmäßig Sommerferien-Zeltlager – erst in Deutschland, später auch europaweit. Hier kommt er nicht nur mit Deutschen aus Deutschland in Berührung, sondern auch mit anderen Milieus. Vor allem rückblickend erkennt er, in welch privilegierter Bubble er in Hongkong aufgewachsen ist und wie gut ihm der Austausch und die Zeit in den Ferienfreizeiten getan haben.
Homecoming geht schief
Nach seinem Abi geht er mit 17 nach Deutschland, um dort zu BWL zu studieren. „Das war einfach so. Das habe ich gar nicht infrage gestellt.“ Sein erstes Jahr auf der WHU – Otto Beisheim School of Management, einer privaten Wirtschaftshochschule, verläuft aber nicht so wie gedacht.
„Ich dachte, es sei so eine Art Homecoming, aber das war es nicht. Es war extrem hart.“
Der Leistungsanspruch, das Konkurrenzdenken, das Alleineleben und das teils sozial toxische Umfeld in einem doch fremden Ort macht ihm zu schaffen. „Das erste Jahr war scheiße.“
Doch Daniel beißt sich durch. Sein im Studium integriertes viermonatiges Auslandsemester in Peking dagegen bezeichnet er als „die beste Zeit meines Lebens“. Nach der Unizeit verschlägt es ihn durch Zufall wieder nach Hongkong, wo er für einen großen Essenslieferanten arbeitet. Nach der anstrengenden Unizeit ist er froh, das theoretische Wissen endlich auch mal praktisch umzusetzen. „Es war crazy, wie viel Verantwortung wir bekommen haben. Wir haben teilweise bis nach Mitternacht gearbeitet, weil es so viel Spaß gemacht hat.“
Start-up mit 23
Mit 23 gründet er zum ersten Mal selber. Mit einem Freund zusammen lässt er ein Tool bauen, womit Studierende ihre Steuererklärung machen können. Nachdem es viral Erfolg hat, breiten sie es auf andere Berufsgruppen aus – am Ende entsteht eine ganze Steiersoftware: „wundertax“, für das er heute wieder, nach einer Unterbrechung – wieder als Geschäftsführer arbeitet.
Vor seiner zweiten Amtszeit bei wundertax arbeitet Daniel bei mehreren Unternehmen, lebt und arbeitet in verschiedenen Städten. In Amsterdam etwa besucht er einen Stand-up-Comedy-Kurs. Ein sozialer und kreativer Ausgleich, der ihn prägt – und ihm auch im Berufsleben hilft. Gerade, was Sprache, Selbstreflexion, Kommunikation und Timing angeht, hat er viel von seinen Bühnenauftritten profitiert.
„Ich möchte Probleme lösen“
Für die Zukunft will er der Start-up-Szene treu bleiben. „Das ist schon mein Ding“, sagt er. Allerdings hat auch das Gründen für ihn Grenzen: „Ich würde nichts gründen, was noch zu mehr Konsum führt. Ich möchte Probleme lösen.“
In puncto Gleichberechtigung sieht Daniel auch ein Problem, an dem das Land noch arbeiten kann:
„Vor allem in Deutschland, finde ich, gibt es immer noch ein großes Problem: Du gründest nur, wenn du privilegiert bist.“
Diese Folge ist Teil der „Work-Edition“ mit dem Schwerpunkt Arbeit. Sie wird unterstützt von LinkedIn.
Kommentare von Frank Joung