Artikel verfasst von Frank Joung

Daniel „Dee“ Klare wusste lange nicht, wo er herkam. Der 46-Jährige wuchs in einer Adoptivfamilie auf. Ein Gespräch über die Suche nach seinen Wurzeln, Faxen mit den Jungs, Rassismus in der Justiz, seine Türsteher-Philosophie – und wie er plötzlich Schauspieler wurde.

Daniel, vielen bekannt als „Dee“, wird am 5. Dezember 1976 in Bremerhaven geboren – zumindest sagt das eine Geburtsurkunde aus. Daniel hat noch eine zweite, da steht was anderes drauf.

„Faxen mit den Jungs“

Als kleines Kind wird Daniel von einer deutschen Familie adoptiert. Er wächst mit anderen Geschwistern auf, die ebenfalls adoptiert sind. In der Kita, so sagt er, wird er so stark rassistisch gemobbt, dass ihn sein Vater rausnimmt und ihn mit in die Schule bringt. Auch später im schulpflichtigem Alter sitzt er bei seinem Vater, der Lehrer ist, in der Klasse. „Mein Vater war mein Klassenlehrer in der ersten bis zur dritten Klasse – das ist heute gar nicht mehr erlaubt.“

Doch die Situation in der Familie ist schwierig. Mit 13 zieht Daniel aus und vom „platten Land“ in eine Wohngruppe in Münster. In der neuen Umgebung habe er endlich Freiheit gehabt, „die beste Zeit“. Er freundet sich mit den „coolen Jungs der Stadt“ an, türmt nachts aus der Wohngruppe, um feiern zu gehen.

„Ich war nicht immer ein lieber Junge. Ich habe viele Faxen gemacht.“

Daniel fängt mit 14 an, Drogen zu verticken und muss Sozialstunden leisten, nachdem ihm die Polizei in der Wohngruppe die Tür eintritt und festnimmt. Er beginnt eine Ausbildung bei Titus und ist auch danach noch im Streetwear-Geschäft tätig. Viel Hustle und stets auf der Suche nach seinen Wurzeln. Die Frage „Woher kommst du eigentlich?“, kann er lange nicht beantworten.

„Knalltrauma“ nach Schießerei

Daniel zieht nach Amsterdam – dort lebt sein Sohn. Nach einigen Jobs landet er beim Sicherheitsdienst. Er steht an nachts an der Tür einer beliebten Bar. 2012 gibt es eine Schießerei – seitdem zuckt er bei lautem Knall schnell zusammen.

Erst als er vierzig ist, findet er seine (deutsche) Mutter wieder, sein (nigerianischer) Vater ist leider schon verstorben. Doch das Verhältnis zu ihr kühlt schnell ab. Das Kennenlernen mit seiner Schwester hingegen verläuft sehr gut.

„Meine kleine Schwester ist für mich das schönste Geschenk und das Happy End. Damit hat sich der Kreis geschlossen, die Suche ist vorbei.“

Über seinen Kumpel Tyron Ricketts, wird er zu einem Casting eingeladen. „In Sam – ein Sachse“ spricht er für eine kleine Rolle als „Türsteher“ vor. Er bekommt die Rolle. „Das war ein wunderschöner Lernprozess und das größte Geschenk. Jeden Tag sprechen mich Leute darauf an.“ Auch wenn das Laufen auf dem Roten Teppich noch gewöhnungsbedürftig ist – „Ich habe immer noch den Security Move drin.“

Die Rolle hat ihm nicht nur beruflich einen neuen Push gegeben, sondern ihn auch persönlich stark berührt. Die Geschichte von Samuel Meffire ähnelt seiner. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ein Drehbuch so viele Emotionen in mir auslösen würde.“ Durch das Drehbuch kommen alte Dämonen hoch, die er daraufhin therapeutisch bearbeitet. „Es war mein Fehler, mir selbst das Mantra zu geben: Ich bin der Große, Starke. Keine Schwäche zeigen.“