Artikel verfasst von Frank Joung

Beni Tonka ist in Rüsselsheim geboren. Sein Vater stammt aus Trinidad und Tobago – was er aber lange nicht wusste. Der 37-Jährige spricht mit Frank über unbewusste Fragezeichen, monatelanges Schweigen und persönlich erlebte Polizeigewalt in den USA. Über einen lebensverändernden Anruf, teuflischen Empfang in der Karibik und therapeutische Gartenarbeit mit einer Machete.

„Eine ‚Heimat‘ hat mir gefehlt“

Kinderfotos hatte Beni schon. Nur war sein Vater nie mit drauf. Klar, er wird das Foto gemacht haben – so dachte Beni lange. Er ist hinter der Kamera. Erst mit 23 erfuhr er, dass es nicht so war.

Beni wird im Januar 1985 in Rüsselsheim geboren. Die Kindheits- und erste Jugendphase beschreibt er als unstet. Sein Vater ist in der US-Army (seine Mutter ist weiße Deutsche). Die Familie zieht viel innerhalb Deutschlands um.

„Heute bin ich dankbar. Ich kann mich schnell adaptieren, aber damals war es schwierig. Diese Idee von Heimat und Zugehörigkeit hat gefehlt. Mir wurde ständig der Boden unter den Füßen weggezogen.“

Beni geht erst in amerikanische Schulen in Deutschland, wo ihm seine Zerrissenheit noch klarer wird. Dann später – als er 13 ist – zieht die Familie nach Texas. Als seine Mutter ihm eröffnet, dass sie in die USA ziehen werden, ist seine Reaktion pure Verzweiflung. „I don’t wanna get shot“, sagt er – damals weinend, heute darüber lachend.

Identitätskrise: sprachlos bei Oma

Als Teenager ist er in eigenen Worte „corny“ und „entspannt“. Er liest viel, kann der Mystik der texanischen Natur mit Bergen, Wüste und Kojoten etwas abgewinnen. „Nur Bäume haben mir gefehlt.“ Über Basketball gewinnt er Freunde. Als er älter wird und sein Studium abbricht, kehrt er nach Deutschland zurück. In dieser Zeit, die er als „Identitätskrise“ bezeichnet, wohnt er bei seiner Großmutter.

„Meine Oma war immer mein Zuhause.“

Für ein paar Monate, so sagt Beni, habe er nicht gesprochen. Er habe lernen wollen, besser zuzuhören.

„He’s your Dad but not your father“

Als ihn seine Mutter besucht, kommt es zu einem entscheidenden Gespräch. Sie eröffnet ihm, dass sein Vater nicht sein leiblicher Vater sei. „He’s your Dad but he is not your father.“ All die unbewussten Fragezeichen, die Beni sein Leben lang diesbezüglich hatte, finden eine (erste) Antwort. Sein leiblicher Vater stammt aus Trinidad und Tobago, erfährt er. Nach dem ersten Schock, denkt Beni: „Hm, Karibik, nicht so schlecht.“ Danach: „Viel Recherche, viel Kopfkino“. Da ist Beni 23 Jahre alt.

Einige Jahre später findet er eine Telefonnummer. Er geht in einen Call Shop und ruft sie an. Eine weibliche Stimme meldet sich am anderen Ende. Es dauert eine Weile, bis sie Beni Glauben schenkt. Dann aber erwähnt er seine abstehenden Ohren – und dann gibt es anscheinend keinen Zweifel mehr: „Oh my god, he has a son.“ Und dann erfährt er auch, mit wem er gesprochen hat: „Wenn er dein Vater ist, bin ich deine Großmutter!“

Good Lime in Trinidad und Tobago

Sechs Monate später sitzt Beni im Flugzeug nach Trinidad und Tobago. Er trifft seinen Vater und dessen Familie zum ersten Mal – zur Karnevalszeit. Von seiner Familie wird er herzlich empfangen. Er spürt: „Hier bin ich teilweise zu Hause.“

„Nach dem ersten Schock, dass mein Vater ein Kind hat, war alles ganz normal, so, als ob ich schon immer da gewesen wäre.“

Diese Reise prägt ihn so sehr, dass er die Erfahrungen und Rezepte aus seinem Leben in einem Buch bündelt: „Ich habe so viele Antworten bekommen. „Good Lime“ heißt das Buch und beschreibt das in Trinidad und Tobago übliche zufällige Zusammentreffen, wo gemeinsam gefeiert und gegessen wird. Es ist offiziell ein Kochbuch, aber die Rezepte beschreiben immer auch Stationen des Lebens. Zudem rahmt Beni sie mit biografischen Texten. Ein entscheidendes Gericht ist die Maissuppe: Das war das erste Gericht, das er in Trinidad und Tobago gemeinsam mit seinem Vater gegessen hat.

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