Tarek Rasouli ist eine Freerider-Legende. Seit seinem Mountainbike-Unfall ist der mittlerweile 47-Jährige querschnittsgelähmt. Der Münchener mit irakisch-iranischen Wurzeln spricht über seine Anfänge auf dem BMX-Rad, berührende Reaktionen aus der Bike-Szene und warum er heute extreme Fahrradevents organisiert.
Wenn Tarek sich an den Unfall vor fast 20 Jahren erinnert, der sein Leben eine andere Wendung geben sollte, hat er noch viele Details im Kopf. Was vorher war, warum er die Situation als ungewöhnlich einstufte und weshalb er als Erster springen wollte. Wie lang der Sprung war, was er hätte machen sollen und was er stattdessen tat. Die Landung, die Schmerzen, das Walkie-Talkie, was noch im Baufahrzeug lag und womit sein Kollege Hilfe rief.
„Ja, ich weiß noch alles. Ich bin nicht bewusstlos geworden.“
„Rockstar war nie mein Ding“
Tarek hat eine ruhige Art darüber zu sprechen. Fast 20 Jahre ist der Unfall her. Damals war er auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Einer der besten Freerider der Welt, waghalsige Tausendsassa, die Videos mit weiten, extremen Sprüngen drehten. Tarek bekam Geld für seine Leidenschaft, Fame für seine Skills, doch auf dem Podium zu stehen war ihm fast peinlich. „Rockstar war nie mein Ding“, sagt er heute rückblickend.
Bereits mit neun Jahren entdeckt Tarek das Fahrradfahren – im Grunde schon viel früher, als er sich die Stützräder vom Fahrrad abmontiert und darauf fährt, wie heute Kinder mit dem Laufrad fahren, sich mit abwechselnd mit den Füßen abstützend. Doch in der Grundschule wird das BMX-Rad zu seinem ständigen Begleiter und Transportmittel. Sein Vater kauft ihm das erste Rad, seine Mutter fährt ihn zu Rennen, doch dann schwindet der Kontakt zunehmend zum Vater zunehmend, die Eltern leben getrennt.
Der Sprung, der alles veränderte
Tarek ist ehrgeizig, wird stetig besser und feiert erste Erfolge – bis er irgendwann ein „Plateau“ erreicht und aufs Mountainbike umsattelt. Hier gehts mehr um Sprünge und Style, er ist Covermodel für das Fachmagazin BIKE und reist um die Welt für Freerider-Videoshootings.
Dann 2002, in Kanada, nimmt er diesen einen Sprung.
Danach natürlich auch quälende Fragen: Warum ich? Warum jetzt?
„In der Zeit nach dem Unfall habe ich auch viel an Karma und solche Dinge gedacht und mich gefragt: Was habe ich falsch gemacht im Leben? Und hatte da erstmal keine Antwort drauf.“
Doch Tarek ist auch Sportler. Nach nur vier Tagen macht er schon Aufbautraining – noch mit Schläuchen im Körper. Danach helfen ihm die Freunde und Kolleg:innen aus der Bike-Szene. Sie besuchen ihm, muntern ihn auf und organisieren eine Spendenaktion für ihn, was ihn heute noch zu Tränen rührt. „Deshalb wollte ich unbedingt da drin bleiben.“
„Europas wichtigster Bike-Manager“
Glücklicherweise hat er hervorragende Kontakte, Menschen, die ihn mögen und schätzen. Fürs BIKE-Magazin ist er nicht mehr das Coverfoto-Model, sondern wird Kolumnist. Tarek bleibt in der Szene, beginnt Events zu organisieren mit Tausenden von Zuschauer:innen. 2005 gründet er dann eine eigene Sportagentur „Rasoulution„, wo er Athlet:innen betreut und große Bike-Events organisiert. Seit einigen Jahren arbeitet er dort eng mit seiner Schwester zusammen. Das Magazin „The Red Bulletin“ nennt ihn „Europas wichtigster Bike-Manager„.
Tarek engagiert sich auch in der „Wings for Life Stiftung„, die das Ziel hat, Querschnittslähmungen zu heilen. Seit einiger Zeit läuft Tarek wieder – ein bionischer Lauf-Anzug hilft dabei.
Diese Folge ist Teil der „Work-Edition“ mit dem Schwerpunkt Arbeit. Sie wird unterstützt von LinkedIn.
Kommentare von Frank Joung