Denise M’Baye hat senegalesische und indonesische Wurzeln. Ihre Heimat aber sind das Wendland und Hannover. Warum bestimmte Komplimente mehr schmerzen als direkter Rassismus, welche emotionale Bindung die 44-Jährige zu den Herkunftsländern ihrer Eltern hat und weshalb sie einmal um ihr Leben rannte, erzählt sie Frank in dieser Episode von Halbe Katoffl.
Denises Geburt war eine große Sache. Lauter Menschen aus der Nachbarschaft und den umliegenden Dörfern kamen mit Geschenken ins Krankenhaus, um Denise willkommen zu heißen. Im niedersächsischen Dannenberg an der Elbe Mitte der 1970er Jahre wurde eben nicht jeden Tag ein schwarzes Baby geboren.
„Die wollten einfach mal gucken“, sagt Denise lachend. So habe es ihr ihre Mutter erzählt, die das damals auch schon etwas seltsam fand. Klar war: Die Menschen waren neugierig – und überrascht. Denn die Erscheinung von Denises Vater sorgte für Aufmerksamkeit: „Als mein Vater zum ersten Mal da war, waren alle ganz angenehm berührt, weil er einen Anzug trug. Ich weiß nicht, was sie sich vorgestellt hatten, was er an hat. Vielleicht nichts“, sagt Denise lachend.
„Ich glaube, dass mir manche Wurzeln fehlen“
Wurzeln spielen in Denise M’Bayes Leben eine große Rolle. Nach der Zeit im Wendland zieht die Familie nach Hannover, wo die Schauspielerin und Sängerin noch heute lebt. Hier fühlt sie sich verwurzelt.
Ihr senegalesischer Vater und ihre deutsch-indonesische Mutter hatten sich in einer Disko kennengelernt, aber getrennt, als Denise erst ein Jahr alt war. Ihr Vater war trotzdem weiter in ihrem Leben präsent, starb aber früh.
„Ich glaube, dass mir manche Wurzeln fehlen. Ich war noch nie im Senegal, wo mein Vater herkommt, und auch noch nie in Indonesien, wo der Vater meiner Mutter herkommt. Ich habe eine große Scheu, eine komische unbegründete Angst dorthinzugehen. Da bin ich auf viele neidisch, die diese Hürde gar nicht kennen und die eine Verbindung zu all ihren Wurzeln haben. Das ist ein Geschenk.“
„Deutschland ist die einzige Heimat, die ich habe“
Denise spürt, dass sie in den Senegal reisen muss – und dass sie es alleine tun muss. Derzeit, sagt sie, ist „Deutschland die einzige Heimat, die ich habe.“ Eine Heimat, in der sie mindestens einmal die Woche doof von der Seite angeschaut wird und Menschen sich schwer damit tun, sie als Deutsche zu akzeptieren. Aber für Denise ist dies nichts Neues. Stereotypisierungen gehörten schon immer zu ihrem Alltag.
Als sie klein war, wollten Menschen ihre Haare anfassen – und haben es auch getan, ohne zu fragen. „Da habe ich geschrien.“ Als sie mit 22 ihr erstes Kind bekommt, halten die Menschen sie für das Au-Pair-Mädchen. Auch wird sie als Frau häufig mit zweifelhaften Äußerungen konfrontiert: „Ich hatte mal das Glück, mit einer Kenianerin zusammen gewesen zu sein“.
Dass es auch anders sein kann, merkt sie erst im Ausland. Mit 14 reist sie zum ersten Mal nach Paris und ist beeindruckt, dass sie hier mit ihrer Hautfarbe nicht weiter auffällt. „Das fand ich geil.“
Rollenangebot: „Putzfrau oder Hure?“ – Nonne!
Auch als Schauspielerin ist das Rollenangebot für People of Color noch begrenzt – wenn es über die Jahre auch langsam besser geworden ist. „Früher hat man als dunkelhäutige Frau vor allem zwei Arten von Rollen bekommen: ‚Putzfrau oder Hure'“, sagt Denise.
So hat sie schon Rollen abgelehnt, die ihr zu klischeehaft waren. Manchmal diskutiert sie mit Filmemachern darüber, warum eine Apothekerin nicht schwarz sein kann. Und manchmal verzweifelt sie daran, wie beratungsresistent manche in der Branche sind.
Ihre Besetzung in der TV-Serie „Um Himmels Willen“ zeigt, dass es auch anders geht. Hier spielt Denise seit Jahren eine Nonne.
„Fettnäpfchen gehören dazu“
Denise redet und diskutiert gerne mit anderen Menschen. Im Alltag geht ihr das Aufklären und Missionieren aber ab und an auf den Wecker. „Manchmal habe ich keine Lust, die Dinge immer wieder zu erklären. Das ist anstrengend. Ich habe ständig das Gefühl, dass ich eine Botschafterin bin – allein aufgrund meines Aussehens.“ Sie wolle auch die „Brothers und Sisters“ nicht reinreißen, wenn sie mal Mist baue, sagt sie lachen.
Ihr Verhalten in der Öffentlichkeit werde genau beäugt. „Das finde ich ungerecht. Ich möchte mich auch mal daneben benehmen dürfen“, sagt sie mit einem Zwinkern. Trotz allem findet Denise es besser, im Gespräch Gefahr zu laufen, politisch inkorrekt zu sein, als Dinge aus Angst zu tabuisieren.
„Ich finde es wichtig, dass man miteinander spricht. Dazu gehören auch Fettnäpfchen. Das passiert mir ständig.“
Weitere Themen: Kreative Beschimpfungen, Castingstory, Voodoo, Flucht vor Skinheads & Wenn Kinder und Eltern verschiedene Hautfarben haben
Instagram: @Denise M’Baye & @unddusopodcast
Website: http://denisembaye.de/
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Kommentare von Frank Joung