Shai Hoffmann ist gebürtiger Berliner mit israelischen Wurzeln. Der 38-Jährige spricht über seine Zeit als Soap-Darsteller, seinen magischen Moment im Krankenhaus und warum er angstfrei an seine Crowdfundingprojekte herangeht.
1970 kam Shais Vater aus Israel nach Deutschland. Trotz der belasteten Geschichte – und wegen des Wirtschaftsbooms – entschied er sich im Land zu bleiben. Ein paar Jahre später folgte ihm auch seine Frau. 1982 bekamen sie ihr erstes von zwei Kindern: Schai Schmuel, so steht es im Pass, wurde in Berlin-Schöneberg geboren.
Shai bezeichnet sich selbst als „kein leichter Junge“: zu laut, zu hibbelig, zu anstrengend – das zumindest wird ihm gespiegelt. Er fühlt sich in der Schule fehl am Platz und ist nach eigener Aussage ein miserabler Schüler.
Mit bereits zehn Jahren bekommt er die lebensbeeinflussende Diagnose, dass seine Nieren nicht richtig arbeiten. Das erklärt die ständigen Bauchschmerzen. Er muss Medikamente nehmen und ständig zu Ärzten gehen.
„Ich war ein ängstlicher Mensch“
Als er später auf die Realschule wechselt – wo er als einer der wenigen Juden heraussticht –, wird er öfters aufgrund seiner Religion diskriminiert.
„Ich habe als junger Mensch ständig Zeit im Krankenhaus verbracht und eine Angst gegen Ärzte entwickelt. Das hat dann dazu geführt, dass ich generell ein sehr ängstlicher Mensch war. Und wenn du dann auch noch von Mitschülern gemobbt wirst, dann entwickelst du irgendwann Angstzustände, die problematisch werden.“
In seiner Familie wird das Thema des Holocaust nicht offen angesprochen. Als er (als Kind) den Onkel seines Vaters auf die tätowierte Nummer auf seinem Unterarm anspricht, sagt der ihm, das sei seine Telefonnummer.
Telenovela & Transplantation
Nach der Schule absolviert er eine – von seinen Eltern organisierte – Ausbildung zum Hotelfachkaufmann, sein eigentlicher Traum aber war ein anderer:
„Ich wollte singen. Ich wollte berühmt und reich werden.“
Über die Castingshow „Star Search“ bekommt er die Möglichkeit, bei der ersten deutschen Telenovela „Verliebt in Berlin“ mit Alexandra Neldel mitzuwirken. Er sagt zu. Er hat Auftritte bei Daily Soaps wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und „Verbotene Liebe“, wo ihm aber nach kurzer Zeit gekündigt wird.
Zur selben Zeit, mit Mitte 20, muss er sich einer Nierentransplantation stellen. Sein Vater spendet seine Niere. Noch im Krankenhaus, direkt nach dem Aufwachen, merkt er eine spürbar positive Veränderung. Einen Moment, den er als magisch bezeichnet. „Die Welt war plötzlich bunter und klarer.“
Neu-Anfang mit BWL
Nach seinem Rausschmiss bei Verbotene Liebe („Ich wurde knallhart abgesägt!“) wendet er sich vom Fernsehgeschäft ab – und studiert BWL. „Das war das erste Mal, dass ich was für mich gemacht habe.“ Er genießt die Unabhängigkeit. Niemand, der ihn aufgrund seines Aussehens bewertet.
Er gründet eine Marketingagentur und setzt zahlreiche gesellschaftspolitische Projekte um, nicht selten mithilfe von Crowdfunding-Aufrufen. Beim „Bus der Begegnungen“ etwa ist er mit anderen vor der Bundestagswahl 2017 durchs Land getingelt und hat mit Menschen auf Marktplätzen diskutiert.
„Nach meiner Transplantation habe ich gemerkt, dass ich ein ganz anderes Energielevel habe – und das wollte ich für was Sinnvolleres nutzen als in Daily Soaps zu spielen.“
Keine Angst vorm Scheitern
Seine aktuellen Projekte sind Bildungsvideos, die das komplexe Thema der Israel-Palästina-Beziehungen thematisieren. In Planung ist auch ein Demokratiemagazin. Angst vorm Scheitern habe er nicht. „Ey wie oft sind wir gescheitert! Wenn man gar nicht erst ins Machen kommt – das ist doch das Schlimmste.“
Weitere Themen: Familientraumata, Jüdischsein, Weihnachten feiern, Technikpanne oder: Warum wir plötzlich Musik hörten und Elternzeit als beste Zeit des Lebens.
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Kommentare von Frank Joung