Artikel verfasst von Frank Joung

Der Berliner Rapper Megaloh hat nigerianisch-deutsch-niederländische Wurzeln. Bei Halbe Katoffl spricht er über den Einfluss seiner strengen Mutter, wie Leistung seine Selbstliebe definiert und über seine Lieblings-Zufluchtsorte.

Bei Megaloh ist der Name nicht Programm. Von Größenwahn („Megalomanie“) ist bei ihm – zumindest privat – nichts zu spüren.

Uchenna Eric van Capelleveen, wie Megaloh richtig heißt, wurde 1981 in Frankfurt am Main geboren. Seine nigerianische Mutter und sein niederländisch-deutscher Vater waren zuvor aus den USA, wo sie sich an der Uni kennengelernt hatten, nach Deutschland gekommen, um den Rassismus in den Vereinigten Staaten zu entfliehen.

„Moabit ist mir Heimat“

Uchenna wächst im Berliner Stadtteil Moabit auf. Während er sich innerhalb von Moabit nicht ausgegrenzt fühlt, er es als „Heimat“ bezeichnet, bekommt er doch bereits früh das Gefühl, nicht voll dazuzugehören.

„Ich wurde immer wieder daran erinnert, dass ich nicht wie die Mehrheitsgesellschaft bin oder aussehe.“

Einen großen Einfluss hat seine Mutter – die sehr streng war. „Meine Mutter hat starke rassistische Erfahrungen gemacht. Das geht bis in die eigene Familie hinein.“ Sie bereitet ihn darauf vor, dass er zehn Mal mehr arbeiten müsse, damit er auf dem gleichen Level angenommen werde wie Weiße.

„Meine Erziehung ist stark geprägt davon dass meine Mutter diese Einsamkeit – in der Familie nicht willkommen zu sein – gefühlt hat.“

Endlich Befreiung

Megaloh erinnert sich an Urlaube in den Niederlanden, wo seine Mutter ihn Aufsätze schreiben lässt, während sein Freund baden gehen darf. Er ist dank seienr Mutter ein sehr guter Schüler – bis zur Pubertät, wo er Rappen und das Kiffen für sich entdeckt.

„Für mich war das eine Befreiung. Endlich habe ich mal Frieden.“ Der ständige Leistungsdruck findet ein Ventil. Doch ganz abdriften war auch nicht drin. Seine Mutter hält die Züge trotz oder gerade wegen pubertärer Rebellion sehr eng. „Ich hatte mehr Angst vor meiner Mutter als vor meinem Vater – auch vor Vater Staat“, scherzt Megaloh.

Als er auf eine weiterführende – französische – Schule geht, hat er das erste Mal Zugang zu einer Schwarzen Community. Er ist beeindruckt von der Ausstrahlung und dem Selbstverständnis vieler seiner Schwarzen Mitschüler:innen. „Zu der Zeit habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als da dazuzugehören. Es war ein Gegenpol zu dem Denken vorher. Da wollte ich lieber weiß sein.“

Charterfolg und Lagerarbeit

Rap wird immer wichtiger für ihn. Er gründet sogar ein Label mit Freund David, dem Sohn vom Dirigenten Daniel Barenboim. Natürlich geht es in die Hose. „Wir waren so arrogant und haben einen Haterfilm geschoben“, sagt er heute lachend.

Nachdem er beim Label von Max Herre landet, steigt sein Debüt-Majoralbum „Endlich Unendlich“ direkt auf Platz neun ein. „Den Moment habe ich bis heute nicht vergessen.“ Sein Folgealbum „Regenmacher“ erklimmt sogar Platz 2 der Charts. Trotzdem läuft es finanziell eher mittelmäßig. Megaloh jobbt nebenbei im Lager, um Geld für seine Familie zu verdienen. Seine Freundin bringt zwei Kinder ein, die er mit erzieht.

BSMG: Album aus Lebensgeschichten

In seinem Projekt BSMG mit Rapper Musa und Produzent Ghanaian Stallion bünden die drei alle ihre Erfahrungen. „Das Album hat sich aus unseren Lebensgeschichten ergeben“, sagt Megaloh. Es demonstriere, dass sie die weiße Deutungshoheit nicht mehr annähmen. „Das ist das wichtigste Projekt meines Lebens.“

In diesem Jahr kommt sein neues Album heraus. Es soll „21“ heißen, die alte Postleitzahl von Moabit. „Ich habe noch lange nicht das Gefühl, dass ich es geschafft habe.“ Das habe er erst – glaubt er – wenn es sich auch finanziell wiederspiegelt.

„Ich hätte gerne mehr finanzielle Mittel zu Verfügung. Ich würde gerne investieren können und meinen Eltern ein Haus kaufen, in dem sie alt werden können. Dass Familie für Familie da sein kann – davon bin ich Universen von entfernt.“

Aber zumindest habe er seit der Geburt seines Sohnes vor vier Jahren etwas mehr innere Ruhe. „Seit er da ist habe ich mehr Frieden mit meinen Entscheidungen und meinem Leben.“

Weitere Themen: Identitätsstiftende Sportarten Basketball und Segeln, Markus Lanz, He-Man, wer sein deutschsprachiger Lieblingsrapper ist, was ihn frustriert und eine prägende Schlüsselsituation als Kind.

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