Artikel verfasst von Frank Joung

Podcasterin Linda Hamoui spricht mit Frank über ihre deutsch-syrische Identität. Warum sie sich für den Dönerladen ihrer Eltern schämte, weshalb sie ein schlechtes Gewissen hatte, wenn sie sich amüsierte und wieso sie den Podcast Hamam Talk ins Leben rief.

Geschämt für den Dönerladen

Linda wurde im März 1990 in Bamberg geboren. Ihr Vater, der zum Psychologie-Studium aus Syrien nach Deutschland kam, lernt ihre Mutter später in Syrien kennen. Gemeinsam gehen sie nach Deutschland und betreiben einen Dönerladen, den ersten in ganz Bamberg.

„Ich habe mich dafür geschämt, dass meine Eltern einen Dönerladen haben, weil ich das Gefühl hatte, das entspricht dem Klischee von ‚typischen Arabern‘. Jetzt kommen die nach Deutschland, können kein Deutsch und machen einen Dönerladen auf. So wird man teilweise auch behandelt von der Gesellschaft, als hätten die Betreiber*innen nichts im Kopf.“

Ihre Mutter war Lehrerin und Schuldirektorin in Syrien – was hier nicht anerkannt wurde. Linda hat auch das Gefühl, dass ihre Eltern unzufrieden waren mit ihrer beruflichen Situation – aber es taten für die Kinder.

„Ich wollte deutsch sein“

In Bamberg wächst Linda nicht sehr divers auf. Sie selber wird als weiß wahrgenommen. Mit syrischer Kultur hat sie außer dem Essen nicht viel zu tun. Die Strenge, mit der vor allem ihr Vater ihr in der Pubertät begegnet, rechnet sie der syrischen Kultur zu – auch wenn der muslimische Glaube in der Familie keine große Rolle spielt. Linda ist rebellisch, klettert nachts aus dem Fenster und geht feiern.

„Ich wollte immer das machen, was meine deutschen Freundinnen machen. Ich wollte deutsch sein. In Deutschland macht man das halt so. Man geht bis in die Puppen in den Club, trinkt Alkohol und hat einen deutschen Freund. Sonst bist du nicht deutsch. Ich dachte auch (damals): Das ist das Leben, das ich leben möchte.

Mit dem Krieg in Syrien und dessen Folgen politisiert sich Linda immer mehr. Sie bekommt mit, wie Verwandte und Bekannte um ihre Leben ringen, während sie in Deutschland nichts zu befürchten hat. „Ich dachte, ich darf keinen Spaß haben.“ Ein starkes Ohnmachtsgefühl setzt ein. Sie studiert Islamwissenschaften, merkt aber auch da, dass eine sehr eurozentrische Perspektive vorherrscht.

In der Arbeit mit syrischen Geflüchteten – Linda spricht arabisch und übersetzt – kommt sie auch emotional an ihre Grenzen. Der Anschlag in Hanau macht sie extrem wütend und traurig. Mit ihrer Freundin Sarah, die deutsch-afghanische Wurzeln hat, gründet sie ihre eigene Plattform „Hamam Talk“.

„Jetzt reden wir. Über die Themen, über die wir reden wollen, ohne den Einfluss von Außen und so, wie wir es für richtig halten.“