Artikel verfasst von Frank Joung

Joy Denalane ist eine der erfolgreichsten deutschen Soul- und R&B-Sängerinnen der letzten zwei Jahrzehnte. Die Berlinerin mit südafrikanisch-deutschen Wurzeln spricht über Familienurlaube im selbstgebauten Wohnanhänger, prägende Plattensammlungen – und das erste Mal Singen im Jugendclub.

Über das Kennenlernen ihrer Eltern hat Joy gleich zwei Versionen im Kopf – entweder haben sie über den Jazz oder im Kaufhaus zueinander gefunden – klar ist auf jeden Fall, dass sie sich in Heidelberg kennenlernten.

Als Joy 1973 geboren wird, ist die Familie bereits in Berlin beheimatet. Sie hat zwei ältere Brüder und zwei jüngere Schwestern – und einen „Babybruder“, wie sie sagt. Zu Hause sei immer viel los gewesen, erzählt Joy, laut und ständig Besuch – aber insgesamt sehr strukturiert, erzählt sie.

Familienurlaub: „Hier kommt der Zirkus“

Ihre Kindheit hat sie als frei in Erinnerung. Zwar sei die Familie nie gemeinsam in die Heimat des südafrikanischen Vaters gereist – Partnerschaften zwischen Weißen und Schwarzen waren in Südafrika zu der Zeit verboten, aber Joy erinnert sich an gemeinsame Europa-Urlaube in dem vom Vater selbstgebauten LKW-Wohnanhänger, mit Schlafplätzen, Fenstern und Dusche. „In kleineren Städten haben sie gedacht: Jetzt kommt der Zirkus.“ Auch deshalb, weil außen auf dem Wohnwagen ein großer Elefant aufgemalt war.

„Als Familie waren wir eine Erscheinung.“

Ein, wie sie sagt, neuralgischer Punkt, war der Schulwechsel von Kreuzberg nach Steglitz, wo sie als eine der wenigen Halbe Katoffln eine privilegiertere, sehr weiße, akademisch geprägtere Schüler:innenschaft vorfindet. „Nicht nur war ich Schwarz sondern auch aus Kreuzberg!“ Der Stadtteil galt damals mehr noch als heute als „Problemviertel“ – „Da sind die entglittenen Biografien“, lautete das Klischee.

Doppelstigma: Schwarz und aus Kreuzberg

Joy empfand es als krasses Doppelstigma – ohne dass es zu extremer verbaler oder körperlicher Gewalt gekommen wäre, aber diese „Leerstellen“, das „Schweigen“ und das „Beäugtwerden“ seien komisch gewesen.

Sie empfand sich aber auch schon als „weiter“ und kosmopolitischer. „Ich hatte andere Themen als meine Mitschüler:innen, gerade auch in Bezug auf Musik, durch meine Brüder.“ Irgendwann kam sie an den Punkt, wo sie sich sagen konnte:

„Ich strebe nicht danach, so zu sein (wie die anderen). Ich fand mich in Ordnung.“

In der Pubertät wird die Situation mit Joy für ihre Eltern nach eigener Aussage „unkontrollierbar“. Mit 16 zieht sie aus eigenem Antrieb von Zuhause aus in eine betreute WG.

Es folgen: Der erste Gesangsauftritt im Jugendclub, Singen in der ersten Band, verschiedene (abgebrochene) Studiengänge und der erste Plattenvertrag mit 23. Doch die Band „Joy, Sugar & Cream“ macht sie nicht glücklich. „Es war gut gemacht, aber nicht meins.“

Max, Mamani & Motown

Über DJ Thomilla finden Joy und Max Herre zusammen. Bei ihrem gemeinsamen Song „Mit Dir“ verlieben sich die beiden ineinander. Das Lied wird ein Hit.

Nachdem sie gemeinsam (Joy ist zu der Zeit schwanger) und mit ihrem Vater nach Südafrika reisen, verarbeiten sie die Eindrücke in Songs für ihr Debütalbum „Mamani“. Die sehr familienfokussierte – und auch thematisch gewagte – Platte wird erfolgreich.

„Alle wollten mit mir sprechen – aber auch erschreckend, wie viele Stereotypen die Leute hatten. Weiße Perspektive in Denial.“

Ein weiteres Highlight in ihrer mehr als 20-jähriger künstlerischer Solokarriere ist ihre aktuelle Platte „Let Yourself be loved“, die 2020 beim legendären US-amerikanischen Soul-Label Motown erschien.

„Ich fand das wirklich selber unglaublich, absurd geradezu. Am Anfang musste ich einmal auf die Motown-Website gehen, weil ich es nicht richtig glauben konnte.“

Weitere Themen: Dialekte, Zahnkrankheiten, Apartheidsbücher, Freundeskreis & FK Allstars.

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