Benjamin Brömme, Jahrgang 1984, ist in der ehemaligen DDR geboren und hat kubanisch-deutsche Wurzeln. Mit Frank spricht der 35-jährige Polizist über sein Sprintduell mit einem Dieb, Prügeleien in einer NPD-Hochburg und die Suche nach seinem Vater.
Seine Eltern lernen sich in Ost-Deutschland kennen. Sein Vater kommt aus Kuba und durfte zum Studieren in die DDR reisen, seine Mutter ist Deutsche. Allerdings ist der Vater gezwungen, das Land nach seiner Studienzeit wieder zu verlassen, und so lässt er auch die Familie früh zurück. Da ist Benjamin gerade mal drei Jahre alt.
„Ich wurde zu einem aggressiven Typen“
Als die Mauer fällt und die innerdeutsche Grenze geöffnet wird, ziehen die Brömmes in den Westen. „In den Westerwald, tiefste Provinz“, sagt Benjamin. Auf der Grundschule läuft alles rund. „Einige meiner besten Freunde von heute stammen aus dieser Zeit.“
Doch als Benjamin auf die Gesamtschule in den Nachbarort – eine NPD-Hochburg – wechselt, wird der Ton rauer. Von einigen Lehrer*innen fühlt er sich benachteiligt. Mitschüler*innen ärgern und diskriminieren ihn. Irgendwann lässt sich Benjamin die Hänseleien und rassistischen Sprüche nicht mehr gefallen. Er wehrt sich – vermehrt mit Fäusten. „Ich wurde zu einem aggressiven Typen.“
Es ist eine Zeit, die ihn stark prägt und in der er einen Ehrgeiz entwickelt. Benjamin macht den erst den Realschulabschluss, dann eine Ausbildung zum Feinmenchaniker, dann das Fachabitur. Ambitionen hat er auch beim Sport. Als er das erste Mal zum Leichtathletikverein geht, ist er allerdings bereits 19 Jahre alt. Das erste Training gerät zum Desaster.
„Ich war platt – nach zehn Minuten Einlaufen.“
Mehr als ein Aufwärmen ist konditionell nicht drin. „Die waren sich sicher, dass ich nicht mehr wiederkomme.“
Doch er kehrt zurück, trainiert gut und nach und nach immer mehr, bis er irgendwann 14 bis 15 Einheiten in der Woche absolviert. Benjamin ist Sprinter: 100 und 200 Meter. Er nimmt erfolgreich bei Deutschen Meisterschaften teil, doch seinen Olympiatraum kann er sich leider nicht erfüllen. Mit 30 hängt er seine Sprintspikes an den Nagel.
Chance bei der Polizei
Dafür führt ihn der Sport zu seinem heutigen Beruf. Benjamin wird in die Sportfördergruppe der Polizei aufgenommen – weniger durch tatsächliche Ergebnisse, mehr aus Potenzial.
„Das war das erste Mal, dass ich von einer Institution eine Chance bekommen habe, mich zu beweisen. Dafür bin ich der Polizei sehr dankbar.“
Heute arbeitet der 36-Jährige als Kriminaloberkommissar in Frankfurt am Main, Abteilung Internetbetrug. Rassismus innerhalb der Polizei hat er selbst nicht erlebt, ihm ist aber klar, dass es ihn
Suche nach dem Vater
Den nervösesten Moment seines Lebens erlebt Benjamin, kurz bevor er seinen leiblichen Vater wieder treffen soll. Bei der Suche hat ihm seine ebenfalls kubanisch-deutsche Frau geholfen. Zwei Adressen hatte er noch, eine davon in Havanna besuchen die beiden. „Und plötzlich steht da jemand, der mir verdammt ähnlich sah.“ Es ist sein Onkel. Er wird von der großen Familie feierlich in Empfang genommen.
„Ich kannte das nicht, dass mir Menschen ähnlich sehen“
Seinen Vater allerdings lernt er erst ein Jahr später persönlich kennen. Er lebt in New York. Benjamin kann das Flugzeug vor Aufregung kaum verlassen. „Ich war davor und danach nie wieder so nervös. Das war ein sehr emotionaler Moment.“
Benjamins Podcast „Mainathlet“
Zwar ist er sportlich nicht mehr aktiv, aber immer noch an der Leichtathletik interessiert. Um den Athlet*innen mehr mediale Aufmerksamkeit zu geben, hat er einen Podcast ins Leben gerufen, in dem er jede Woche Leichtathlet*innen zu Gast hat. „Mainathlet“ https://www.mainathlet.de/ heißt er.
Weitere Themen: Maximalgeschwindigkeit, „Patrioten-Treff“, StudiVZ
Die Serie “Halbe Katoffl Sport“ ist im vergangenen Jahr in Kooperation mit „Integration durch Sport“ entstanden, anlässlich dessen 30-jährigen Jubiläums. Das Bundesprogramm wird vom Bundesinnenministerium und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert. Wegen des großen und positiven Zuspruchs wird die Podcastreihe in diesem Jahr fortgeführt. Sie erscheint immer Mitte des Monats. Hier findest du die anderen Sport-Episoden.
Kommentare von Frank Joung