Marie Mouroum ist eine der besten Stuntfrauen der Welt. Die 28-jährige Martial-Arts-Kämpferin hat einen deutsch-kamerunischen Background. Marie erzählt, was ein Solariumsbesuch mit Black Panther zu tun hat, welche Rolle ihre Hautfarbe beim Film spielt – und warum sie sich auf der Straße nicht prügeln will.
Marie wächst in Berlin auf. An ihre Kindheit hat sie nur positive Erinnerungen, aber zum Teil auch, weil sie, wie sie zugibt, ein positiver Mensch ist, der negative Dinge gerne mal ausblendet oder nicht so an sich heranlässt. Etwas, das sie von ihre Eltern gelernt hat. „Zu Hause war viel Leben, wurde viel getanzt. Meine Eltern sind beide sehr glückliche, lebensfrohe Menschen.“
Vor Skinheads weggerannt
Maries erste große sportliche Liebe gilt der Leichtathletik. Schon früh geht sie mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder Marvin zum Training – doch der Berliner Bezirk, in den die beiden fahren müssen, ist nicht ganz ungefährlich.
„Wir haben immer in der Halle gewartet, bis die Straßenbahn kam, sodass wir dann direkt hinrennen konnten. Wenn wir an der Station gewartet haben, waren wir immer in der Gefahr, blöd angemacht oder beleidigt zu werden. Wir haben auch immer gehofft, dass keine Nazis in der Bahn sind. Es ist nichts Handgreifliches passiert, einfach nur verbale Beleidigungen … N-Wort hier, N-Wort da. Wenn man so jung ist, dann denkt man, das ist alles normal. Jetzt erst denke ich: Was war das denn? Was haben wir denn da durchgemacht? Aber als Kind ist das für dich die ganz normale Welt.“
Damit sie sich vor potenziellen Angreifern schützen kann, schickt Maries Mutter sie mit neun Jahren zum Karatetraining. Der Trainer drillt seine Schützlinge. Marie findet trotz des harten Trainings Gefallen am Kampfsport. Neben Karate lernt sie auch Pencak Silat, eine indonesisch-malaysische Selbstverteidungsart. Mit 14 gewinnt Marie die Junior-WM in Singapur. Bei einem Showevent trifft sie auf ihr Idol Jackie Chan.
„So hart das Training auch war und so sehr ich meinen Trainer verflucht habe, weil er super brutal und hardcore drauf war, bin ich auch sehr dankbar, weil er mir viele Lebensweisheiten mitgegeben hat, die ich unterbewusst angenommen habe – und die ich immer noch lebe.“
Durchbruch mit Black Panther
Als sie bei einem Casting für einen Hollywood-Actionfilm andere spektakuläre Kampfsport-Performances von Stuntfrauen und -männern sieht, ist sie begeistert. „Da habe ich gedacht: Das will ich auch!“ Mit 18 bekommt sie ihre erste Stuntrolle bei einer großen Produktion. Sie doubelt Schauspielstar Halle Berry – ein Traum. Ihr großer Durchbruch kommt mit dem Film „Black Panther“.
„Irgendwann kam der Anruf: ‚Marie, kannst du dir vorstellen, in den USA zu drehen, von Dezember bis Juni – und wärst du bereit, deine Haare abzuschneiden?‘ Ich: Ja! Und da war noch nicht mal klar für welchen Film.“
Anfangs sieht es nicht so gut aus: „Ich wurde immer wieder abgelehnt, weil ich zu hell war.“ Aber dann wird sie doch eingeladen. Fürs Casting muss sie dunkler werden – so die Ansage. Sie geht drei Tage in Folge ins Solarium und wird dann für einen Tag in die USA eingeflogen, um vorzusprechen und ihre Fähigkeiten zu zeigen.
„Das war die krasseste Erfahrung meines Lebens. Besser wird es nicht mehr werden. Dann bin ich zurückgeflogen und habe eigentlich damit abgeschlossen. Ich war sehr dankbar, diese Erfahrung machen zu dürfen. Drei, vier Tage später bekam ich den Anruf, dass ich den Job habe. Damit habe ich gar nicht gerechnet.“
Der Dreh ist für alle Beteiligten etwas Besonderes, erinnert sich Marie:
„Wir haben uns beim Dreh umgeguckt und gedacht: Träumen wir? Das kann doch gar nicht wahr sein. Es ist so schön zu sehen, dass Schwarze hier grad was professionell auf die Beine stellen und eine schöne Welt gezeigt wird, keinen Drogen- und Gangsterfilm, sondern was Königliches dargestellt wird.“
Rollen für Schwarze sind selten
Mittlerweile stand sie auch bei Avengers, James Bond und Star Wars vor der Kamera – allerdings zum Teil „nur“ als Stuntfrau. Ihr Ziel ist es schon, als Schauspielerin international Karriere zu machen. In Deutschland allerdings gibt es für schwarze Schauspielerinnen und auch für schwarze Stuntfrauen nur selten Rollen.
„Schwarze Schauspieler*innen haben es in Deutschland schwer. Man muss keinen Grund haben, warum jemand im Film schwarz ist. Dieser Switch muss in Deutschland noch passieren.“
Weitere Themen: Wie Maries Eltern auf ihre Bekanntheit reagiert haben, warum ihr der Kampfsport auch im echten Leben hilft, sie ihn aber nicht anwenden möchte, und wie sie die Black-Lives-Matter-Bewegung erlebt.
Marie auf Instagram: @marie.mouroum
Die Serie “Halbe Katoffl Sport“ ist im vergangenen Jahr in Kooperation mit „Integration durch Sport“ entstanden, anlässlich dessen 30-jährigen Jubiläums. Das Bundesprogramm wird vom Bundesinnenministerium und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert. Wegen des großen und positiven Zuspruchs wird die Podcastreihe in diesem Jahr fortgeführt. Sie erscheint immer Mitte des Monats. Hier findest du die anderen Sport-Episoden.
Kommentare von Frank Joung