Samuel G. Mpungu hat deutsch-ugandische Wurzeln. Der Musiker spricht mit Frank über die Klischeekarten, die er ausspielt, was er das erste Mal in Uganda erlebte und wie er über Nacht Bassist von Limp Bizkit wurde.
Samuels Eltern lernen sich in Uganda kennen, wo seine deutsche Mutter ein Auslandsjahr als Krankenschwester absolviert. Sein Vater unterrichtet Musik an einer Schule. Die beiden lernen sich kennen, werden ein Paar, reisen und gehen zusammen in die USA – wo sie sich aber trennen.
Doppelt reine Weste
Samuel wird 1992 in Siegen geboren, seine Schwester ist eineinhalb Jahre älter. „Ich bin ein Dorfjunge aus der Nähe von Heidelberg“, sagt Samuel auf die Frage, wo er „eigentlich herkomme“. Er ist oft der einzige Schwarze in seinem Umfeld – und oft allein dadurch schon verdächtig für viele.
„Ich wurde so erzogen, dass ich immer eine doppelte reine Weste haben muss, weil ich immer der Erste war, der beschuldigt wurde. Deswegen habe ich nicht so viel Scheiße gebaut.“
Samuel erinnert sich belustigt daran, dass er zu Grundschulzeiten nicht in einem Auto von einem Mitschüler fahren durfte. Der Opa, der seinen Freund abholte, wollte das nicht. Grund war anscheinend Samuels Aussehen. „Das war so eine Situation, wo ich dachte: Wow, okay! Heute kann ich drüber lachen.“
Wiedersehen mit dem Vater
Mit 13 entschließt sich Samuel dazu, seinen Vater kennenzulernen, den er noch nie getroffen hat. Mit einem Freund fährt er in den Wohnort des Vaters, der nur wenige Stunden entfernt in Deutschland lebt. Sie verstehen sich auf Anhieb.
„Wir waren direkt vertraut und haben uns einfach verstanden. Und seitdem ist es einfach nur geil.“
Über all die Jahre hatte der Vater immer Kontakt haben wollen, seine Mutter aber war dagegen gewesen. „Ich wollte das aber auf Biegen und Brechen, also hab ich es selber in die Hand genommen.“ Gemeinsam mit seinem Vater reist er auch nach Uganda – die erste Reise ist Samuel lebhaft in Erinnerung geblieben. „Es war eine krasse Offenbarung. Wie mich meine Verwandten empfangen haben, war unglaublich. Ein ganz anderes Verständnis von Familie.“
Als er das erste Mal seinen Onkel trifft, rennt der auf ihn zu und ruft: „My Blood, my Blood!“
„Da war dieses Gefühl. Ich weiß auch nicht, irgendwas in mir hat aufgejubelt. Da war dieses unbeschreibliche Gefühl: Okay, du bist mit dem Land verbunden.“
Über den Vater lernt er nicht nur die andere Hälfte seiner Wurzeln kennen, sondern erkennt auch, woher seine große Liebe zur Musik kommt. Seine ugandische Familie ist im Gegensatz zu der deutschen Seite sehr musikalisch. „Ich wusste vorher nie, wo das herkommt.“ Auch manche Charakterzüge des Vaters erkennt er in sich selbst.
„Musik war Riesenlösung für mich“
Musik ist Samuels Leidenschaft. Für ihn hat die Diskrminierung auch einen positiven Nebeneffekt.
„Dadurch, dass ich Ausgrenzung erfahren habe, habe ich mich abgekapselt und mein eigenes Ding gemacht. Ich habe geübt und wurde besser in der Musik. Ich habe die Dinge, die mich anders machen als alle anderen, zu meinem Vorteil genutzt. Dadurch wurde ich besser. Da war endlich was, was ich gut konnte. Und habe daraus habe ich mein Selbstbewusstsein gezogen. Musik war eine Riesenlösung für mich.“
Samuel saugt musikalisch alles auf, was geht. Er besucht Konzerte, studiert Musiker bei Youtube und feilt an seinen Bass-Fertigkeiten. 2015 bekommt er einen Anruf. Der Bassist von der Nu-Metalband Limp Bizkit fällt aus – ob er für das Konzert am nächsten Tag einspringen könne. Er sagt zu, lernt die nächsten Stunden über die Songs – und rockt das Ding vor 5000 Zuschauern. Danach sagt Sänger Fred Durst zu ihm: „Du bist unser Bruder.“ Limp Bizkit nimmt ihn mit auf Europatour. Drei Jahre über spielt er Konzerte in etlichen Ländern und Kontinenten.
„Das war krass, ab da kannst du auch nicht 75 oder 80 Prozent geben, da wirst du auf Mark und Bein geprüft.“
Nachdem er zehn Jahre vorwiegend andere Kollegen musikalisch unterstützt und begleitet hat, will er sich nun auf seine eigene Solokarriere konzentrieren. „mpng“ heißt sein Projekt. „Bassline driven, Singer-Songwriter Pop-Funk“ – so beschreibt er seinen Musikstil. Ein festes Ziel hat er nicht, er will einfach so oft und viel wie möglich im Studio sein. „Da fühle ich mich einfach am Wohlsten.“
Weitere Themen: An/Aus-Mensch, Katoffl-Identität & Schulhass
Samuel auf Instagram: @mpng
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Kommentare von Frank Joung