Stephan Anpalagan ist Patriot, sagt er selbst. Deutschland ist sein Zuhause. Im Alltag muss der 34-Jährige tamillischer Herkunft jedoch immer wieder erleben, dass er als Fremder wahrgenommen wird. Über Ausweiskontrollen, Überintegration und Kampf gegen Rechts.
„Warum soll ich mich mit Sri Lanka identifizieren?“
Araber, Afrikaner, Inder – die meisten Menschen können Stephan (gesprochen Steven) zunächst nicht richtig einordnen. Als Asiate nehmen ihn die wenigsten Menschen wahr.
Dabei ist er tatsächlich asiatischer Herkunft. Seine Eltern sind Tamilen. 1984, als Stephan ein paar Monate alt war, flüchteten sie aus Sri-Lanka nach Deutschland. Die ersten zwei Jahre verbrachte die Familie in einer Asylanten-Aufnahmestelle, bevor sie eine Wohnung zugeteilt bekam. Im Ruhrgebiet wuchs er auf. Hier ist seine gefühlte Heimat. Zu Sri Lanka habe er keine emotionale Bindung.
„Ich habe da keine Wurzeln, ich habe nichts dort. Ich spreche zufälligerweise die Sprache, weil wir zu Hause tamilisch reden. Ich habe keine kulturelle Bindung, kein politisches Interesse, keine wirtschaftlichen Beziehungen. Warum soll ich mich mit Sri Lanka identifizieren?“
Stephan war seit der Flucht seiner Eltern nie wieder in Sri Lanka. Ein Teil der Verwandten ist aufgrund des Bürgerkriegs nach Südindien geflohen. Aber auch mit dem Nachbarland, in dem viele Tamilen leben, kann er sich nur schwer identifizieren. Bei seinen zwei Besuchen in Indien habe er schnell gemerkt, dass er dort nicht hingehöre. Er sieht sich als Deutscher.
„Dass ich aus Sri Lanka komme, spielt in meinem Leben keine Rolle. Es spielt nur eine Rolle, dass ich eine Halbe Katoffl bin.“
Ausweiskontrollen & Integrationsgedöns
In der Schule war Stephan einer der wenigen Ausländer in seiner Klasse. Seine Herkunft sei allerdings nicht wichtig gewesen, nicht für andere und auch nicht für ihn. „Kinder in dem Alter interessiert das einfach nicht. Wenn du deutsch sprichst, ist das der Schlüssel zur Integration in die Schulklasse.“
Obwohl sich Stephan als Deutscher fühlt, erfährt er oft, dass er als Fremder gesehen und wahrgenommen wird. Als Jugendlicher muss er regelmäßig Ausweiskontrollen über sich ergehen lassen. Das ist auch heute noch so – wenn auch nicht in der Frequenz wie früher. Aber es greifen die üblichen Mechanismen: Seit er einen dichten Vollbart trägt, begegneten ihm die Menschen skeptischer, sagt er, – vor allem Sicherheitsbehörden.
„Es nervt, weil es dich als Person abwertet. Auf einer tieferen Ebene bedeutet es, dass du niemals, auch nicht nach Generationen in diesem Land, ein vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft sein kannst.“
Auch wenn Stephan sich nicht zu Sri Lanka hingezogen fühlt, besucht er in jungen Jahren die tamilische Gemeinde. „Das war das Einzige, wo ich mich tatsächlich aktiv mit anderen Tamilen auseinandergesetzt habe.“ Er hilft anderen Geflüchteten bei der Ankunft in Deutschland, bei Behördengängen, bei der „Integration“. Über sein Privileg, in Deutschland aufgewachsen zu sein, sei er sich stets bewusst gewesen.
„Wenn keine Flucht möglich gewesen wäre, Flucht aus einer Situation, in der Gefahr für dich und deine Familie herrscht, würde ich heute nicht hier sein. Ich würde hier nicht leben. Es ist eine Schicksalsfügung, dass ich ein Leben in Freiheit, Würde und Sicherheit führen darf.“
„Die Zeit ist reif, etwas gegen rechts zu tun“
Stephan hat evangelische Theologie studiert, ein Studienfach, in dem er sich nicht nur mit dem Glauben beschäftigte, sondern auch mit Sprache. Das nütze ihm heute – beim Schreiben. Denn Stephan schreibt journalistische und politische Texte und Kolumnen für verschiedene Medien. Häufig Thema: die AfD.
Er findet es wichtig, jetzt die Stimme zu erheben gegen Rassismus und Rechtsextremismus. „Das kann ich doch als Christ nicht zulassen. Die Zeit ist reif, etwas gegen rechts zu tun.“ Gerade die Politik der AfD zeige ihm „dass es vollkommen egal ist, ob du integriert bist oder nicht. Wenn du in diese politischen Strömungen hineingerätst, bist du für sie ein Ausländer.“
Dem will Stephan etwas entgegensetzen: mit sachlicher Analyse, fundierten Aussagen und sprachlichem Witz.
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Kommentare von Frank Joung