Artikel verfasst von Frank Joung

In Berlin ist Smiley Baldwin eine Türsteherlegende. Der 55-Jährige spricht über seine Zeit bei der US-Armee, wie er als „Bouncer“ mit Menschen umging – und warum sich seine Heimat, die Amerikanischen Jungferninseln, wie ein Gefängnis im Himmel anfühlen.

Smiley hat in Wirklichkeit einen anderen Vornamen – doch niemand nennt ihn so, sagt er – natürlich lachend. Wahrscheinlich wissen die meisten nicht mal, dass das nicht sein echter Name ist. Er passt einfach so gut.

Gefängnis im Himmel

„Smiley ist ein Gangstername“, sagt Smiley. Er habe ihn als Jugendlicher bekommen, in seiner Zeit in Riverside, Kalifornien. In der „Hood“ habe jede:r einen Straßenname, falls die Cops kämen.

Angefangen hat aber alles auf den Amerikanischen Jungferninseln, den Virgin Islands, einer karribischen Insel, die einst Dänemark gehörte und dann an die US-Amerikaner verkauft wurde. „Ich bin Karibianer (Kariber)“, sagt Smiley.

Die Insel, flächenmäßig in etwa so groß wie Bremen, sei zwar eine der schönsten Flecken der Erde, aber die Menschen wüssten nicht zu schätzen, dass sie jeden Tag den Himmel hätten. Denn aufgrund der Abgeschiedenheit herrsche auch eine Eintönigkeit und Isoliertheit. „Es ist so schön, aber du bist im Gefängnis.“

„Crazy Zeit“ in Kalifornien

Glücklicherweise für Smiley zieht seine Familie weg aufs Festland, nach Riverside, Kalifornien. Smiley, der auf der Insel viel in Faustkämpfen verwickelt war, tut der Tapetenwechsel gut. Der 13-Jährige blüht auf, ist jetzt nach eigener Aussage „Good Boy“ und „Friendensstifter“ statt Troublemaker – und das, obwohl Riverside ein „krasses Pflaster“ ist. Um ihn herum entstehen und regieren immer mehr die Gangs, Bloods und Crips, die Stadt.

„Es war eine crazy Zeit, in der ich mich selber finden musste. Mein Selbstbewusstsein ist besser geworden durch den engeren Familienzusammenhalt. Kämpfen war nicht mehr, ich war nicht mehr so aggressiv und habe lieber mit meiner Mum zu Hause gechillt.“

Smiley genießt hohes Ansehen, er ist ein guter Schüler und herausragender Sportler: Basketball und Leichtathletik. Doch statt nach der High School ein Athletenstipendium für ein College wahrzunehmen entscheidet er sich spontan und ohne Absprache mit seiner Mutter für eine andere Laufbahn. Er meldet sich zum Militär.

Rückblickend ist das für ihn der Wendepunkt seines Lebens. „So bin ich nach Berlin gekommen.“ Heute ist er dankbar, dass er nie in den Krieg eingezogen worden ist, er musste nie im Ernstfall auf einen anderen Menschen schießen, aber es war anscheinend hauchdünn.

„Ich sollte in den Irakkrieg. Ich war vorbereitet und ich wäre auch mit Stolz gegangen. Aber meine Freundin war mit meinem Sohn schwanger und hat gesagt: ‚Wenn du jetzt gehst, wirst du ihn nie sehen‘. Da habe ich gesagt: Okay, I hear you.“

Berlin passt wie ein Handschuh

Smiley ist in Berlin stationiert. Die 80er und 90er Jahre sind wilde Jahre in der erst geteilten und dann vereinten Stadt. „Nach zwei Wochen Berlin wusste ich: Hier ist mein neues Zuhause: Die Stadt hat einfach gepasst wie ein Handschuh.“

Als Smiley das Militär nach der Wende verlässt, bekommt er das Angebot als Türsteher. Ab dem ersten Moment wusste er: „Das ist mein Ding! Ich hab entschieden, dass mein Partyboyleben vorbei ist, weil: Das ist jetzt mein Business.“ Rund 20 Jahre später ist Sicherheit immer noch sein Thema. Smiley hat von Anfang an eine klare Philosophie als „Bouncer“.

„Ich bin ganz gelassen an die Aufgabe rangegangen: Kommunikation stand bei mir ganz vorne. Meine Begegnung mit egal wem war immer respektvoll und human. Mir war wichtig: keinen Rassismus und ich wollte nie meine Position ausnutzen, um einen Menschen von oben herab respektlos anzusprechen.“

Das Richtige tun

Natürlich gab es auch in seinem Job viel Stress – auch lebensgefährliche Situation, wie das eine Mal, als er mit seinem Kollegen von zwölf anderen angegriffen wurde. „Wie haben uns gut gegeben.“ Die Schlägerei endete für viele im Krankenhaus, wo man dann gemeinsam in der Notaufnahme gewartet hat. „Keiner hat was gesagt“, sagt Smiley lachend.

Mit seiner ruhigen, respektvollen und positiven Art hat sich Smiley überall Ansehen und Vertrauen erarbeitet und sein Geschäft zu einer Sicherheitsfirma mit Angestellten ausgebaut. Auch dort achtet er darauf, BiPoc die Möglichkeit zu geben, einen Berufseinstieg zu schaffen.

„Ich bin froh dass ich meine Art und Weise von Sein übertragen darf. Wir tun das Richtige, nicht, weil wir ein Danke wollen, sondern weil es das Richtig ist.“

Doku Berlin Bouncer

2019 erschien ein Dokumentarfilm über drei Berliner Türsteher. Smiley Baldwin wurde auch porträtiert (Derzeit zu sehen bei Amazon Prime).

https://baldwin-security.com/

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