Zu Moses Pelhams neuem Album „Nostalgie Tape“ spricht der Rapper und Produzent mit Frank über die Anfänge seiner illustren Karriere. Über das Frankfurter Selbstverständnis, ehrliche Gefühle im Rap und woher die Wut bei der „Direkt aus Rödelheim“-Platte kam.
Frankfurt am Main spielt im Leben von Moses Pelham immer noch eine sehr große Rolle. Der 50-Jährige weiß zu schätzen, wie ihn seine Heimatstadt geprägt hat.
„Wir haben diese Idee von Multikulturell schon gelebt, bevor wir den Begriff kannten. Frankfurt gab mir die Möglichkeit, der zu sein, der ich sein wollte.“
Anfangs aber hatte der junge Moses eine Art Kulturschock zu überwinden. Als Einzelkind, so sagt er selber, sei er davon überzeugt gewesen, dass er der „Mittelpunkt der Erde“ sei. Spätestens in der Schule sei ihm klar geworden, dass dem mitnichten so ist, erinnert er sich lachend.
Mit Kiss-Platten hin, mit Rap-Platten zurück
Moses Vater, der von Beruf Musiker war und aus den USA stammt, führte ihn an die Musik heran. Seine Eltern – die Mutter ist Frankfurterin – hören Soul, Jazz und Blues zu Hause. Moses rebelliert mit KISS. Als er als Zwölfjähriger mit der Familie nach New York reist, nimmt er seine KISS-Platten mit.
Es ist Mitte der 1980er-Jahre, Hip Hop ist in seinen Anfängen, NYC als Brutstätte vorne mit dabei. Moses hört zum ersten Mal richtigen Rap und ist sofort fasziniert: „In dem Moment, wo ich das Rapstück hörte, wusste ich: Das will ich machen.“ Mit Rap-Platten im Gepäck fliegt Moses nach Deutschland zurück.
Er beginnt zu rappen, anfangs noch auf englisch, und verkauft bereits mit 14 Jahren „Pelham Power Tapes“.
„Ich habe schon mit 15 in Discotheken gerappt, in die ich eigentlich nicht reingedurft hätte.“
„Da steckt so viel Blut drin“
Mit 16 nimmt er sein erstes Album auf „Raining Rhymes“ – über das er nach Erscheinen „unfassbar unglücklich“ war. Zu wenig Selbstbestimmtheit, zu wenig Kontrolle. Mit 19 gründet er sein Label 3P. Es sollten einige Jahre folgen, in der Moses nach eigener Aussage strugglet. Unangenehm sei es ihm gewesen, wenn er Leuten erklären musste, dass immer noch nichts erschienen sei. Wütend sei er gewesen.
Erst 1994 gelingt ihm gemeinsam mit seinem Partner Thomas Hofmann der Durchbruch. „Direkt aus Rödelheim“ heißt die Platte vom Rödelheim Hartreim Projekt. Es schlägt ein wie eine Bombe und wird als aggressiver Gegenentwurf zum poppigen Rap von den Fantastischen Vier interpretiert. „Da steckt so viel Blut drin“, sagt er rückblickend.
Direkt aus Rödelheim: Zurückweisung vs. Liebe
Der Mainstream hat Schwierigkeiten mit der Mach-mal-Platz-Attitüde der Frankfurter Band, die mit Schwester S und Xavier Naidoo weitere Artists in die Szene einführten. Moses gibt heute zu, dass ihm die Ablehnung natürlich doch was ausgemacht habe, auch wenn er es nach außen hin nicht zugegeben habe.
„Natürlich fand ich das scheiße, aber ich habe früh begriffen, dass Zurückweisung auf der einen Seite keine 360-Grad-Zurückweisung ist. Und dass es auf der andere Seite Brüder und Schwestern gab, die uns genau für das liebten.“
Als rassistisch habe er die Kritik an ihm und seinen Kolleg:innen damals nicht empfunden. „Ich denke heute zum ersten Mal darüber nach.“ Vor allem, weil auch von der anderen Seite Kritik kommt. „Gönnerhaften Integrationsdenkern waren wir ja auch ein Dorn im Auge, weil wir in Böhse-Onkelz-Shirts rumliefen.“ Ehrliche Gefühle in der Musik, auf deutsch ausgedrückt, das habe Moses vermitteln wollen.
„Wenn das alles kein Gefühl transportiert, dann weiß ich nicht, was das soll, dann können wir das auch sein lassen.“
Mit seinem aktuellen Album „Nostalgie Tape“ wolle er zurück zu dem Gefühl von früher. Weg von der Akribie, wieder hin zur Leichtigkeit. Einfach wieder rappen wie mit mit 25 oder 26.
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Kommentare von Frank Joung